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Zapfino Arabic

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Dies ist der Anfang einer Reihe von Blogposts von Nadine Chahine, in der sie den Designprozess einer arabischen Version für die Schrift Zapfino von Hermann Zapf dokumentiert. Nadine ist eine preisgekrönte libanesische Schriftdesignerin und die Arabisch-Expertin bei Linotype und Monotype Imaging. Sie hat schon mehrere Schriftklassiker für den arabischen Sprachraum erweitert, wie z.B. die Frutiger Arabic und die Palatino Arabic. Lest hier auf Slanted den Einstieg in die Reihe, die dann auf dem Linotype Blog weiterverfolgt werden kann.

Professor Hermann Zapf und ich haben drei Dinge gemeinsam: Die Liebe für das Schriftdesign, Leidenschaft für arabische Schriften und unsere Geburtstage (am 8. November), allerdings mit exakt 60 Jahren Unterschied. Ich hatte die Ehre und das Glück, mit Professor Zapf zusammenzuarbeiten, das erste Mal 2005, als wir mit dem Entwurf von Palatino Arabic begannen, und dann erneut einige Jahre später bei der Arbeit an Palatino Sans Arabic. Diese Arbeitserfahrung hat meine Art, Konturen zu betrachten und Kurven zu zeichnen für immer verändert. Ich wurde oft gefragt, wie es ist, mit einer lebenden Legende zusammenzuarbeiten, und ich muss gestehen, wenn man sich einmal darauf eingelassen hat, spürt man die Größe der Verantwortung und hat einfach nur Ehrfurcht vor so viel Talent. 

Vor dem Hintergrund dieser Projekte kam die Idee, eine arabische Version der Zapfino zu entwerfen, wogegen ich mich allerdings spontan sträubte. Dies ist ein äußerst komplexes Unterfangen und ich fühlte mich einfach nicht bereit. Es sollte noch Jahre dauern, bis ich den Mut hatte, es zu versuchen. Im vergangenen August besuchte ich Professor Zapf zu Hause, gemeinsam mit zwei Kollegen von Linotype, Otmar Hoefer und Akira Kobayashi. Bei dieser Gelegenheit präsentierte ich mein Konzept und meine ersten Skizzen und – zu meiner größten Erleichterung und Freude – gefielen sie ihm!

Wie Sie in den Skizzen unten sehen, ist das Projekt noch in seiner ersten Konzeptionsphase. Ich habe mir vorgenommen, hier den Designprozess von Zapfino Arabic zu dokumentieren und zu analysieren. In einer Serie von Blogposts auf Linotype werde ich die Herausforderungen des Designs begutachten und die Gründe für die wichtigsten Entscheidungen erläutern. Die Posts bieten einen tieferen Einblick in das Multi-Script-Schriftdesign und dokumentieren ehrlich, wie nicht perfekte Formen nach und nach zu ihrer endgültigen und hoffentlich optimierten Gestalt modelliert werden.


Zapfino ist eine ikonische Schrift, die 1998 von Linotype veröffentlicht und in das Mac OS eingebunden wurde, zu dem Design wurde, das heute so vielen vertraut ist. Ebenso wie bei der Optima von Zapf ist sie sofort erkennbar und hat einen festen Platz in unserer kollektiven Erinnerung. Von ihren zahlreichen Gestaltungsmerkmalen sind die folgenden im Hinblick auf die Anpassung an das Arabische die wichtigsten:

– die starke Neigung der Vertikalen 

– die Proportionen zwischen den Ober- und Unterlängen und der x-Höhe

– die eleganten Verzierungen und der Rhythmus, den sie generieren

– die fließende Bewegung und die vielen Alternativzeichen

– der Effekt der mehr oder weniger starken Strichstärken, die der Schrift ihren einzigartigen Charakter verleihen

Mit dem Entwurf einer arabischen Version zu beginnen, ist knifflig und schon haben wir das erste Dilemma: In welche Richtung soll die arabische Schrift geneigt sein? Zapfino ist vorwärts geneigt, aufgrund der Schreibrichtung von links nach rechts also nach rechts. Soll die arabische Schrift auch nach vorn geneigt sein, müsste dies also nach links erfolgen, was bizarre »Richtungskonflikte« verursachen würde, wenn beide Schriften kombiniert verwendet werden. Kippen wir die arabische Schrift rückwärts, hätten beide die gleiche Neigungsrichtung, dies könnte aber wiederum eine andere Dynamik generieren. Die eine würde energisch nach vorn streben, während die andere nach hinten kippt.

Betrachtet man vergleichend andere arabische Handschriften, stellt man fest, dass zum Beispiel Naskh vorwärts geneigt ist, sich aber nicht für eine so starke Neigung eignet, wie sie für Zapfino charakteristisch ist. Nastaaliq hat im Gegensatz dazu eine Rückwärtsneigung, die auch steile Schrägen bewältigen könnte, ist aber in der Wortbildung sehr eckig, mit Buchstaben, die sich in der Diagonale verbinden. Und dies generiert ein Textbild, das zu lateinischen Schriften nicht passt.

Was also tun? Wir starten mit Nastaaliq als Bezugspunkt und experimentieren dann mit verschiedenen Möglichkeiten, die Buchstaben aneinanderzureihen, ohne den Kaskaden-Effekt zu generieren. Gleichzeitig versuchen wir, dem Design Energie einzuflößen, um ihm die gleiche Dynamik zu verleihen, die auch die lateinische Schrift hat. Mit anderen Worten: Zapfino Arabic bekommt eine Rückwärtsneigung, die mit jener der lateinischen Schrift vergleichbar ist, wenn auch nicht ganz so steil. Und der handschriftliche Bezug für die Zeichenformen, aber nicht für die vertikale Optik, ist Nastaaliq. Genau deshalb ist das Projekt so komplex. Es gibt nicht ein handschriftliches Design, das als Vorlage für die arabische Zapfino dienen könnte. Daher ist es weitaus mehr als eine Übung im Schriftdesign. Es ist das Experiment, eine völlig neue Handschrift zu kreieren.

Das Problem der Wortbildung und Struktur (z.B. wie sich die Buchstaben aneinanderreihen) wird die größte Herausforderung dieser Übung sein und wir haben noch keine Lösung dafür. Dies möchte ich mit meinen Blogposts dokumentieren und ich hoffe, wir gelangen zu einer Lösung, die in ihrer endgültigen Version von den Nutzern angenommen wird. Wie meine Freunde und Kollegen wissen, hat es mir immer gefallen, über die Grenzen verschiedener Stile hinaus zu experimentieren, also ist das ok. Was hier den Unterschied ausmacht, ist das Ausmaß der Herausforderung.

Für das erste Treffen mit Professor Zapf hatte ich einige Buchstaben gezeichnet und meine Kopie von The Art of the Pen mitgebracht, sodass wir uns die Vorlagen für Naskh und Nastaaliq ansehen konnten. Die ersten Skizzen zeigen die Rückwärtsneigung und ein Ornament, das an die Dynamik der lateinischen Verzierungen erinnert. Diese Einzelformen sind der einfachere Teil des Designs, die »Aufwärm-Übungen«, wenn Sie so wollen. Die wahre Herausforderung wird kommen, wenn wir mit den verbundenen Formen beginnen.

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