TYPO Tag 2, 16 Uhr – Robert Koall
Wenn man früher seine sächsische Herkunft preisgab, erntete man in der Regel ein Grinsen wegen des lustigen Dialekts. Heute wird Sachsen sofort mit Dresden und Pegida assoziiert. Natürlich führte mich daher mein Weg direkt in den Talk von Johannes Erler mit Robert Koall, dem Chefdramaturgen am Staatsschauspiel Dresden. Ein kleines Experiment dieser TYPO, wieder ein Talk, der nicht direkt mit Design zu tun hat.
Man hört Robert Koall sehr gerne zu, spürt sofort die Klarheit seiner Sprache und Argumentation. Und seine Leidenschaft für Sprache. Er ist fasziniert davon, was Sprache mit Menschen macht. Wenn bei einer Leseprobe im Theater zum ersten Mal ein Text durch Schauspieler gesprochen wird, durch sie hindurch wandert und transformiert wird, entsteht plötzlich etwas drittes, eine größere Idee, als vorher auf dem Papier zu lesen war. Jedesmal ein kleines Wunder.
Im Talk folgt dann thematisch schnell die Wendung hin zu Pegida in Dresden. Pegida liegt wie Mehltau über der Stadt, hat sich auf das Stadtklima gelegt, nichts passiert mehr ohne Anknüpfung an das Thema, Familienfeste werden nicht mehr gefeiert, da Meinungen aufeinander prallen könnten. Doch Dresden bleibt dabei träge und duldsam, es wird schon vorbeigehen.
Kopfschüttelnd zitiert Koall aus der Kampagne der Stadt, die mit Humor Weltoffenheit zeigen wollte, aber umso deutlicher den Kleingeist zum Ausdruck brachte, 4-Zeiler auf Plakatwänden, wie »Aleke findet Winter drollig, Herr Schwarz heizt ihm die Wohnung mollig.«
Er schreibt einen Beitrag für das Buch »Mein Kampf gegen Rechts« und erarbeitet das Theaterstück »Graf Öderland/Wir sind das Volk« mit Volker Lösch als Regisseur. Koall taucht tief in das Thema ein, spricht mit den Menschen, versucht auszudifferenzieren, nicht schwarz-weiß zu denken, nicht mit Radikalität auf radikales Gedankengut zu reagieren, sondern zuzuhören. Filtert Texte für das Theaterstück heraus, die von einem Bürgerchor gesprochen werden und dadurch eine zusätzliche Wucht bekommen.
Theater verändert nicht die Gesellschaft, aber durch dieses Stück fand zumindest eine Befreiung von der Duldungsstarre statt.