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TYPO Tag 2, 15 Uhr – Nils Frahm

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Nach dem Talk von Johannes Erler mit Nils Frahm hab ich mich erstmal vor das HKW auf die Wiese gelegt und dem Rauschen der Bäume gelauscht. Eine tolle Idee, Gäste einzuladen, die eigentlich gar nichts mit Design zu tun haben. Maximal in der Form, dass Freunde ihr Art Work übernehmen. Nils Frahm ist Musiker und Komponist, die Musik zum grandiosen Film „Victoria" stammt von ihm. Ein Berlin-Film, der ohne Schnitt im Bild auskommt, die Tonspur aber in Nachhinein so perfekt bearbeitet wurde, dass man im richtigen Moment in der Musik das Pulsieren der Stadt wahrnimmt und die Gespräche ausgeblendet werden. 
 

Über den Film wurde dann aber gar nicht weiter gesprochen. Sondern Nils Frahm erzählt von seinen Konzerten, dass er zu Beginn lange denselben Ton spielt, ruhig, gleichmäßig, um jede einzelne Person im Raum einzufangen, bis die Masse bei einem gemeinsamen Nullpunkt angelangt ist und bereit ist, sich als rhythmisches Energiefeld dem gemeinsamen Musikerleben hinzugeben. Ein Punkt der Stille und Konzentration. Musik ist mächtig, Geräusche sind mächtig, sie durchziehen den ganzen Körper, beeinflussen die Seele. Das kann man nicht wissenschaftlich erklären oder durch eine bestimmte Grammatik erlernen, das ist vor allem Intuition. Es klappt manchmal, aber oft auch nicht.
 

Nils Frahm beschäftigt sich mit Klassikern, sagt er, mit Klavier und Synthesizer. Das Neue in seiner Arbeit entsteht durch das neuartige Verbinden der Klassiker. Er sucht nach Abwandlungen, nach feinsten Veränderungen, die in Instrumenten entstehen können. Er kennt seine Instrumente bis zur letzten Schraube, es ist ihm wichtig, sie von innen heraus zu verstehen. Er baut eine eigene Orgel, ein aufrecht stehendes Klavier mit längeren Saiten.

Und er mag vor allem das Entstehen der Musik auf der Bühne. Er liebt das Improvisieren. Denn wir als Menschen improvisieren alle ständig, in jedem Gespräch, in allem was wir tun. Wir können versuchen zu planen, doch wie leicht geht etwas kaputt, wie schnell streikt die Technik oder fallen Instrumente aus. Was im Soundcheck noch funktionierte, löst sich in Luft auf. Und dann muss man sich trauen, sich der Situation auszusetzen, nicht abzuzischen, sondern mit dem Publikum Neues entstehen zu lassen, und im Zweifel einfach mal gemeinsam ein Lied singen. Das sind die intensivsten Momente im Leben, möglicherweise besser, als alles vorher geplante.

 

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