Wir sind ein Volk
Seit 15 Jahren beobachtet Vito Bica die rechte Szene. Letztes Jahr im Sommer platzte ihm dann der Geduldsfaden und er schrieb ca. 20 Designer und Fotografen an, sich an einer Aktion gegen Rechts zu beteiligen. Manche werden sagen: »Man kann es nicht mehr hören«, andere wiederum: »Design sollte sich nicht agitatorisch verhalten«.
Titel-Plakat: Fons Hickmann
Wir haben Vito um ein kleines Interview gebeten, um einen Einblick in das Projekt »Wir sind ein Volk« zu bekommen:
Was steckt hinter dem Projekt »Wir sind ein Volk«.
Im Grunde entstand das Projekt sehr spontan, nachdem ich mit Schrecken die Entwicklungen von AfD, Pegida und anderen Gruppierungen beobachten musste. Ich kann die eine oder andere Sorge innerhalb der Gesellschaft nachvollziehen, aber ich sehe durch die Brille des Markenstrategen berechnetes Kalkül in der Propaganda o.g. Vereinigungen und Parteien. Das kenne ich aus der Werbebranche. Und die sägen gerade an der Mitte der Gesellschaft. Das geht nicht.
Also beschlossen wir dagegen zu halten und zwar mit den selben Mitteln und Methoden, wie »Gutmenschen« als die eigentlichen Nazis hingestellt werden. Und zwar »rechte« Farben, »rechtes« Jargon und die NS-Identity umzudrehen und gegen sie zu verwenden. Das fühlt sich zwar erstmal nach Feuer gegen Feuer an, aber es ist erst der Anfang.
Der erste Schritt war gleichgesinnte Gestalter und Fotografen zu finden, die sich dem Projekt anschließen möchten.
Plakat: Hort
Habt ihr ein Projekt-Ziel?
Den Mund aufmachen, primär als Menschen, dann als Gestalter und die Nachricht verbreiten, das Kultur mehr ist, als nur an ideologischen Werten festzuhalten, das kulturelle Werte immer im Wandel sind und wir mit offenen Augen durch die Welt laufen sollten. Schubladen schaffen zwar Ordnung, aber sie machen uns auch blind.
Plakat: Vito Bica
Wer hat sich bisher daran beteiligt
2XGOLDSTEIN, ALAIN LE QUERNEC, ATELIER MILCHHOF, B2302, BENJAMIN ZIEROCK, BUREAU MIRKO BORSCHE, DOJO//FUCKINGYEAH, FONS HICKMANN, HORT, JOSCHA STEFFENS / M21N, MARK BOHLE, OLIVER RATH, SUSANN STEFANIZEN, SVEN LINDHORST-EMME, TOBIAS EMSKÖTTER, VITO BICA, ZENTRALNORDEN, ZIPENG ZHU.
Die ursprüngliche Liste war kleiner, aber sie wuchs in den ersten Wochen, nachdem die Einladung raus ging.
Plakat: Mirko Borsche
Wie kann man mitmachen?
Gute Frage, über die wir auch schon nachgedacht haben. Eigentlich sind die Plakate, die auf der Website zu finden sind, der finale Stand. Wobei wir am überlegen sind, ob wir die Galerie – zunächst online – erweitern.
Kann Design die Welt verändern?
Über die Weihnachtsfeiertage habe ich tatsächlich wieder viel über die Rolle von Design nachgedacht. Die einen sehen eine apokalyptische Zukunft für Design bevor, wie bspw. auch Florian Pfeffer, dessen Buch »To Do« ich verschlungen habe. Ich denke Design sollte seine Position in der Welt stärken. Vll. operieren wir zu oft im Hintergrund.
Plakat: Susann Stefanizen
Ihr habt eigens für das Projekt die »Weltschrift« entwickelt. Was macht die Weltschrift zu einer Weltschrift?
Die Schrift leiteten wir vom Hakenkreuz ab und wollten gleichzeitig die Frakturschrift aufs Korn nehmen, die ja in den ersten Jahren der NS-Zeit als Auszeichnungsschrift diente, bis Martin Bormann die Schwabacher als Judenschrift bezeichnete. Wirr oder?
Der Name für die Schrift ist genauso zynisch wie »Wir sind ein Volk«. Franz Thierfelder schrieb in seinem Buch <Deutsch als Weltsprache (1938)>: »Noch einmal bietet sich dem deutschen Volke schicksalhaft die Gelegenheit Versäumtes nachzuholen, und seiner Sprache die Geltung zu sicher, die ihr zukommt«. Wir fanden das passt wie Faust auf’s Auge. ;)
Kann man die Schrift erwerben/downloaden?
Eigentlich war die Schrift nur für das Projekt gedacht. Aber im April kommt das Buch zum Projekt heraus, bis dahin werden wir die Schrift sehr wahrscheinlich über die Website wirsindeinvolk.com in einer entsprechenden Form zur Verfügung stellen.