Little Boy and Big Boys
Zugegeben: mit diesem Posting bin ich etwas spät dran. Scheint mir in letzter Zeit öfter so zu gehen. "Du Schnarchnase", frozelte schon CHRI5 im WM-Logo Kommentar. Es geht hier um Loesch, Brody, Spiekermann...auf der Typo Berlin.
10 Jahre Typo-Berlin: Hochkarätige Besetzung (cooler Rahmen, perfekte Organisation, gute Stimmung) - Hut ab! Ich bin also beeindruckt. Einziger Kritik-Punkt: wenig Avant-Garde. Ich fragte Jürgen Siebert warum. "Die Jungen können nicht reden. Was nützt es, wenn tolle Arbeiten präsentiert werden, die Leute aber aus dem Saal rennen weil der Vortrag nicht taugt." In den letzten Jahren haben die Organisatoren diese schmerzliche Erfahrung wohl gemacht. Da setzt man bei einem solchen Jubiläum lieber auf Schwergewichte. Mit unserem Vortrag (Bastard-Project / a Work in progress) haben wir uns als Little Boys hoffentlich wacker geschlagen. Raus gerannt ist keiner. Obwohl wir nichts gezeigt haben was schon veröffentlicht wurde und Preise gewonnen hat.
Ganz anders ist das bei einem Fossil wie Uwe Loesch (Seit 37 Jahren als Designer tätig, über 100 Ausstellungen, 30 Einzelausstellungen, unzählige Workshops, Vorträge, Artikel in Zeitschriften). Der hat eine Stimme passend zum Alter: rau und schwarz (was für eine Schuhmarke trägt der Mann? Wo gibts passend zum weißen den schwarzen?) . Sein Lachen ist mehr wie ein Grollen. Seine Geschichten von Fliegen auf Monitoren und scheiß (Scheiße, Scheiße, Scheiße) Auftraggebern sind aber nicht wirklich lustig. Aber gut vorgetragen sind diese dann doch ganz funny. Viele Kernigen Sprüche:
"Nur gute Arbeit ist Scheiße. Der Rezept des Erfolges ist PR"
"Ich liebe Non-Verbale Plakte"
"Kennen Sie den Unterschied zwischen konvex und konkav? Konvex hat das Mädchen Sex, konkav war das Mädchen brav!"
"Kritisch sein gehört zu den Menschenrechten"
"Wir sind alle total verkitscht, nur wissen wir es nicht"
"Man muss so viel Geld verdienen, dass Geld keine Rolle spielt"
usw.
Egal. Der Loesch war klasse und ich verzeih ihm, das er uns Little Boys das Plakat zum x-ten mal gezeigt hat, denn sein abschließendes Wort "Lasst Euch von uns (Big Boys) nicht beeindrucken" versöhnlich ist.
Ich war dann trotzdem beeindruckt. Von Neville Brody z.B. Nicht von seinen Arbeiten (its all about layering and bluring...old-school) sondern mehr von seinen Gedanken. Die mitgebrachten Slides hat er verwendet um einen Diskurs über das Verhältnis Bürger und Staat zu halten. Diese beklemmende Macht der Kontrolle über Jedem und Allem hat ihn immer wieder dazu gebracht, ein Playdoyer für den Wiederstand zu halten: Unbequem sein, Fragen stellen, seine Rolle als Hure intelligent und gezielt einsetzen.
Abschließend noch eins: Erik Spiekermann hat den Blues. Mit Band auf der Bühne hat er ein Abschieds-Ständchen gehalten. Ein Guru kann sich eben alles erlauben. Auch wenn es furchtbar klingt. Das ist schon OK. Und beindruckend.