ADC Gipfel der Kreativität 2009
Vom 22. bis 26. April fand in Berlin der ADC Gipfel mit Ausstellung, Kongress und Award Show statt.
Was »Die Kreative Revolution« für Amir Kassaei, ADC Vorstand und Kreativchef von DDB bedeutet, machte er in seinem Vorwort des Festival Planers und seiner guten Rede auf der ADC-Show deutlich (Auf YouTube gab es noch keinen Mitschnitt, dafür ein Interview auf idee09.tv). Che und andere Revolutionäre mussten dagegen in der Moderation der Preisverleihung etwas zu oft herhalten. Das Design aller Medien (Strichpunkt) hat das Thema Revolution überhaupt nicht aufgegriffen.
Im Max Creative (die »Sparversion« zum ADC Buch), welches zur ADC Show erschien, heißt es im Artikel »Neue Nasen – alte Hasen«: »Frische Impulse erwartet der ADC von seinen neuen Mitgliedern – für den Club und für die deutsche Kreativwirtschaft (15 neue Mitglieder – wie z.B. Kai Diekmann/Bild, Phillipp Welte/Burda, di Lorenzo/Zeit – gebildet aus Chefredakteuren und Medienmanagern der Medienbranche lassen den ADC auf 557 Mitglieder anschwellen)...Neu bleibt die von Präsidenten Amir Kassaei losgetretene, dann aber wieder eingefangene Debatte über Relevanz. Die Frage nach der Wahrhaftigkeit von Arbeiten ist nicht vom Tisch. Zwar bleibt es im Wettbewerb noch bei den alten Kriterien Originalität, Klarheit, Kraft, Machart, Freude, dennoch schwangt bei jeder Entscheidung die R-Frage mit. Das Relevanz-Ranking könnte zum Jahresende kommen, wenn die Fachpresse mitspielt.«
Neu in diesem Jahr und in der Wettbewerbsausschreibung nicht deutlich formuliert war auch, dass nur noch Gewinnerarbeiten ausgestellt wurden. 446 von 6.832 schafften es auf die Shortlist: ein Fünftel weniger als im Jahr zuvor. Es wurde also gespart. So musste auch der ADC sparen. Der Besuch der Ausstellung kostete 15 €, die 2-Tageskarte für den Kongress 350 €, die ADC Awards Show 260 €, die After Show Party 95 € oder alles zum Gesamtpreis von 595 €. Eine Einreichung kostet 95 bis 660 € (je nach Kategorie), bei Veröffentlichung im ADC Buch 330 bis 660 €(je nach Einzel- oder Doppelseite). Die Show war gestopft voll. Berlin von oben bis unten mit ADC Plakaten tapeziert.
Jeder der 323 Juroren der 20 Kategorien reist auf eigene Kosten an und ist dem Agenturbetrieb 3 Tage fern. Die Jury 17 (in der ich als Rookie war) durfte Arbeiten aus sechs Kategorien (Corporate Design, Grafik, Typografie, Packaging/Produktdesign, Kalender, Public Areas) auf Biergartentischen beurteilen. Kalender stapelten sich, Produkte standen dichtgedrängt nebeneinander wie auf Wühltischen im Schlussverkauf. Ein Kraftakt, in diesem Chaos arbeiten in Ruhe beurteilen zu können. Logisch, dass dabei die kleinen, leisen Dinge zunächst nicht so ins Auge springen. Kein Wunder also, dass wettbewerbs-erfahrene Agenturen ihre Arbeiten auf Pappen ziehen und zum Teil mit erläuternden Texten versehen.
In der Rubrik Zeitschriftengestaltung und Titel haben Magazine wie Human Globaler Zufall (eingestellt), Liebling (wie geht es da weiter?) und Zeitmagazin gepunktet. Ohne Frage, die Arbeit von Mirko Borsche ist Gold. Doch wie relevant sind diese Auszeichungen in dieser Rubrik? Die einen Titel wurden oder werden eingestellt. Und die anderen haben keine wirkliche Daseinsberechtigung. Als es dem Zeitungsdruck nicht möglich war, 4-farbige Anzeigen in guter Qualität zu drucken, waren Magazin-Beilagen die Idee, um genau dies zu tun. Heute bringen – vermute ich mal – Beilagen kein Geld. Sie kosten.
In der Rubrik Typografie kamen Audi/Coastline Marina (Mutabor Design), Feld Hommes/Das Spiel ist aus (Loved), Mercedes Benz/Read the Street (BBDO Germany), Augsburger Allgemeine/Typographische Verbrechen (Scholz & Friends) und Rowohlt Buchtrailer/Dinge geregelt kriegen (iRead Media) auf die Shortlist. Pikant: der Rowohlt Typofilm ist dem Pulp Fiction Typofilms sehr ähnlich.
Gute Typo sieht man im TDC.
Die am Häufigsten ausgezeichnete Arbeit gab es für Hornbach/Heimat (Das Haus der Vorstellung). Ein zur Sanierung leer stehendes Berliner Mietshaus wurde in einen Aktionsraum für Kunst und Kultur verwandelt. Das Heimat-Team um Chef Guido Heffels hat allen Applaus verdient. An diesem Beispiel wird jedoch auch deutlich, wie Werbung in jeden Kommunikations-Kanal drängt. Kanal und Kanäle (wie oft habe ich diese Wörter auf dem ADC Gipfel gehört), mindestens so wichtig wie Relevanz! Es gibt keinen Fleck, der nicht von Werbung besetzt wird. Das macht sie für viele auch so unerträglich. Kein Kino-Film ohne Productplacement, keine Turnhalle, kein Skilift, kein Schwimmbad, kein Golfplatz ohne Banner. Kunst, Streetart, Poesie, Literatur, Tanz und Theater – alles wird von der Werbung eingenommen. Selbst Wandern ist nicht mehr Wandern (Sony Ericsson Walkman Mobiltelefone/Fan Walk 2008). Und wir machen alle schön mit.
Versöhnlich: Der Vortrag von Till Hohmann (Regional Kreativchef von Memac Ogilvy & Mather Dubai). Einer der wenigen, der das Thema Revolution in seinem Vortrag aufgegriffen hat. Spannung, Neugierde, Zuversicht, Experiment, Tradition, Moderne, Umbruch, Familie, Freundschaft bilden täglich die Themen der Region Arabische Golf. Dr. Angelika Taschens amüsantes und sehr sympathisches Gespräch mit Jochen Rädeker zum Thema »Revolution? Aber bitte mit Hochglanz« führte zur Aussage »Kreativität hat hauptsächlich mit Fleiss und Disziplin zu tun, sonst nutzt einem auch das Größte kreative Talent nicht«. Das lassen wir, »am Ende des Tages« mal so stehen. Auch ein Satz, der bei diesem Gipfel zum geflügeltem Wort wurde.
Jury 17
Vortrag Till Hohmann
Richard Pandiscio
Die Chefs führender deutscher Werbeagenturen im Gespräch
Taschen/Rädecker
Sophie Clements
Raban Ruddigkeit, Freistil Präsentation in der Focus Lounge
Bildlegende ganz unten, unlesbar.
Ausstellung
Die Arbeit PIE BIBLE wurde, weil zu Pornographisch, in der Ausstellung nicht gezeigt.
Signierstunde Freistil Illustratoren
Bücherbogen
Das social-art-project www.think-new.org hat den Gipfel der Kreativität wörtlich genommen. Rebellische Aktion - Initiatorin Gabi Lück.