b_stein.jpg

Bernard Stein

Author:

Nach Esther Dysons Ausflug in Raumfahrtvorbereitungen hat am Freitag Bernard Stein um 15h in der Hall den zweiten großen Vortrag gehalten. Das Berliner Designbüro Ott + Stein ist vielen älteren Semestern noch ein Begriff - vor allem in den 80er und 90er Jahren haben die beiden mit ihren epochenprägenden Arbeiten international viel Beachtung und Anerkennung erfahren.

Der mit "space = raum = zeit" betitelte Vortrag zeichnete dann auch eine weitreichende Bewegung durch die zeitliche Ausdehnung der Visuellen Kommunikation nach. In ihren frühen Plakaten beschäftigten sich Ott + Stein mit dem flächigen (Bild-)Raum des Formats, und erzeugten dort durch die Anordnung der Layoutelemente und Typografie eine Art Tiefe bzw. Räumlichkeit. In den 90ern folgten Gestaltungen, die Assoziationen zu Architekturgrundrissen aufweisen, und flächige Kompositionen, bei denen der Umraum um die Schriftinformation, um einzelne Worte eine definierende Rolle für die Organisation der Layouts spielte. Dieses Prinzip fand eine technisch geprägte Fortsetzung beim Erscheinungsbild für das ZKM in Karlsruhe - hier wurde durch eine Software die Anordnung der Text-Logoelemente zueinander (oder zum
Medienformat) nach Proportionen des Goldenen Schnitts generiert. Die Systematik wurde in der Folge auch bei anderen Projekten angewendet, z.T. gewendet auf die
Proportionen der Buchstaben-Zwischenräume.

Als letztes Projekt stellte Bernard Stein das (mittlerweile leider nur noch gebraucht erhältliche) Typografielexikon "Typographie - wann wer wie" von 1998 vor, und schlug damit gleichzeitig einen Bogen zur (Stil-)Geschichte der Visuellen Kommunikation. In "Typographie" werden historische Stile präsentiert, die von den Anfängen der Schriftkultur bis zur Postmoderne reichen. Nach Stein haben diese visuellen Paradigmen in Grafik, Malerei, Architektur, Musik etc. den jeweiligen Epochen und Dingen ein "Gesicht" gegeben, als kohärente, komplette Bewegung zuletzt im Jugendstil. Folgende Strömungen wie die Bauhaus-Moderne, International Style, Punk, New Wave usw. konnten keine neuen, allgemeinen Stilrichtungen etablieren, sondern entstanden eher segmentiell und parallel zueinander.

An diesen (kulturellen) Stil-Schichten setzt "stiyle" (Arbeitstitel) an, ein Forschungsprojekt über die visuellen Quellen der Welt, das Stein gerade zusammen mit der Kunsthistorikerin Michaela Hermann entwickelt. Anhand einer zeitgenössischen Fotoaufnahme (eine junge Frau auf einer Rolltreppe) und eines Texts plus Headline ("Sprechen Sie Pop?") werden typische Stile re-inszeniert, im Vortrag gezeigt etwa aus der visuellen Kultur der Maya, der südeuropäischen Renaissance oder der psychedelischen Pop-Art. Dabei sind diese drei Informations-Elemente in historische Formate, Techniken, Materialien, Schriften etc. überführt/-setzt und bilden so ein visuelles Archiv, das durchaus auch eine didaktische Funktion erfüllen soll. Bernard Stein hat am Ende seines Vortrags Interessierte dazu eingeladen, zum "stiyle" Research Project beizutragen. Das möchten wir hier gerne weitergeben: Mails bitte an [email protected]

b_stein.jpg