Lottery and Interview with Dafi Kühne
Wer unser Blog regelmäßig liest, ist vielleicht Ende vergangenen Jahres auf die Publikation True Print gestoßen, eine Monografie, die die herausragende Arbeit von Dafi Kühne dokumentiert. Darüber hinaus hat Dafi mit einem Helsinki-Poster einen beeindruckenden Beitrag zur Special Edition geleistet, die als limitierte Auflage erhältlich ist.
Dafi Kühne ist Grafiker und Buchdrucker aus Zürich & Glarus (Schweiz). Seit 2009 arbeitet er ganztägig in seinem Atelier »babyinktwice«, wo er Plakate, Einladungskarten, Broschüren und Zeitschriften für Musik, Kunst, Architektur, Theater und Filmprojekte entwirft und druckt.
Dabei arbeitet er zwar mit traditionellen Techniken (u.a. auf Buchdruck-, Proof- und Produktions-Pressen), die er aber mit sehr zeitgenössischer Grafik kombiniert und so alte Traditionen aufbricht. Mehrere Druckdurchgänge sind dabei keine Seltenheit.
Wir haben Dafi ein paar Fragen zu seiner Arbeit gestellt:
Woher kommt dein großes Interesse an traditionellen Drucktechniken? Wie bist du dazu gekommen?
Bereits während meinem Studium in visueller Kommunikation habe ich mich sehr stark für den Buchdruck interessiert. Mich faszinierte die Möglichkeit, ein Produkt nicht nur zu entwerfen, sondern auch komplett autonom umzusetzen. Die Vorstellung rein digitale Entwürfe herzustellen, per Email weiterzuleiten und mit der Produktion nichts zu tun zu haben hat mich schon recht früh abgestoßen.
Hast du eine Ausbildung als Drucker gemacht? Wo hast du das Drucken gelernt?
Das Drucken habe ich mir über die Jahre hinweg angeeignet. Ich habe schon während dem Studium meine erste Druckpresse (zum Schrottpreis) gekauft. Damals habe ich einfach bei mir im Keller damit herum experimentiert. Dann habe ich in den Sommer-Semesterferien ein 8-wöchiges Praktikum bei Hatch Show Print in Nashville, TN gemacht. Hatch ist eine der ältesten und bekanntesten Plakatdruckerei in den USA, die rein mit Holzbuchstaben und Andruckpressen Plakate gestaltet und druckt. Dort habe ich sicherlich einen Grundstock meiner Druckkenntnisse erlernt.
Ein Großteil meiner heutigen Kenntnisse entstand jedoch effektiv durch das selbständige Experimentieren. Es gibt niemanden, der dir erklärt wie man Bleibuchstaben mit Kunstharz-Guss kopieren kann und so zu brauchbaren Druckbuchstaben in 20 pt kommt. Sowas braucht einfach 2 Wochen intensive Auseinandersetzung mit der Materie.
Welche Rolle spielt die Drucktechnik bzw. die Druckmaschine im Entwurfsprozess?
Die Entwurfsentstehung findet oft in einem wechselseitigen Prozess statt. Ein Material wird auf seine drucktechnischen Eigenschaften geprüft und auf der Druckpresse ausgetestet. Dann werden diese Andrucke vielleicht gescannt, digital bearbeitet und es entsteht ein Entwurf für den Kunden, umgesetzt mit und für diese Technik. Dieser Entwurf wird mit dem Kunden rückbesprochen.
Zum Teil kommen digitale Montagen, Andrucke, Bleisatzschriften und Papiermuster in diese Besprechungen. So dass der Kunde versteht, dass das was wir im Computer sehen, nicht genau so aussieht wie, das was wir schlussendlich produzieren werden. Und erst dann, wenn der Kunde den Entwurf absegnet, mache ich mich an die eigentliche analoge Umsetzung des Entwurfs auf der Druckpresse.
Du arbeitest seit 2009 in deinem Atelier, in dem mittlerweile zahlreiche Maschinen stehen – wie hast du angefangen, dir das alles aufzubauen?
Ja, es sind momentan um die 20 Tonnen Material hier bei mir im Atelier. Angefangen hat es, dass mir jemand eine Andruckpresse mit einem Korpus Schriften für 500 CHF (ca 500 Euro) angeboten hat. Damals war ich noch Student und ich dachte, das sei dann alles was ich brauche. Seither ist das Material jährlich angewachsen. Schriften (Blei und Holz) – insgesamt ca 600 Setzkästen – kamen stetig hinzu.
Druckmaschinen, ein Zeilengießapparat, ein Pantograph zur Holzbuchstabenherstellung, ein Lasercutter usw. wurden über die Jahre angeschafft. Eigentlich alles, was ich hier bei mir im Atelier habe wurde vom Alteisen gerettet. Ich hatte kein großes Budget, mit dem ich mir Schrift für Schrift von Ebay hätte kaufen können. Ich habe eigentlich immer ganze Druckereiauflösungen übernommen.
Die alten Drucker freuten sich, jemanden gefunden zu haben, der das Material weiter einsetzt und so konnte ich die Investitionen jeweilen auf ein paar wenige hundert Franken begrenzen. Einzig viel Muskelkraft musste ich einsetzen um alles zu transportieren, zu sortieren und einzurichten …
Für unsere Helsinki Special Edition hast du ein Plakat gestaltet und gedruckt. Kannst du uns zur Idee und Produktion noch etwas erzählen?
Die Idee für das Helsinki Plakat war, was Geometrisches (wie die Finnische Flagge), gleichzeitig viel Komplexeres zu gestalten. Einfache Formen werden zusammengesetzt, die Typo tanzt rundherum. Das Wort Helsinki wird in 3 Silben aufgeteilt und in verschiedenen Größen der gleichen Schrift zum Zentrum zulaufend angeordnet. Der Entwurf wurde in einem Linolschnitt umgesetzt, was ich spannend fand bei diesem Motiv. Ich wollte einen Gegensatz zwischen dem sehr geometrischen Motiv und dem etwas ungenaueren handgeschnittenen Linolschnitt erzeugen. Ein perfekter Lasercut wäre mir hier zu langweilig gewesen. Die Typo (Helvetica Plakat) wurde im Holz- und Bleisatz gesetzt und mit Magneten fixiert (siehe Video ab 3:00 min).
Hast du ein Lieblingsmotiv? Gibt es eine Arbeit, die dir immer wieder auf’s Neue gefällt?
Oftmals ist mein Lieblingsmotiv gerade das, woran ich zuletzt gearbeitet habe. Aber damit muss man auch vorsichtig sein, da man schnell voreingenommen von der intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema ist. Eigentlich sind die besten Motive die, die mich auch nach ein paar Jahren immer wieder faszinieren und überraschen – und das ist schwierig vorherzusehen.
Deine Arbeit wurde in einem monumentalen Buch Ende letzten Jahres bei Lars Müller Publishers veröffentlicht. Der Buchdruck insbesondere erfährt seit einigen Jahren eine Renaissance auch in Europa. Wie siehst du die Zukunft des Druckens?
Es ist tatsächlich zu beobachten, dass der Buchdruck in den letzten Jahre einen erstaunlichen Aufschwung erlebt hat. In den USA und UK spriessen in vielen Städten kleine Buchdruckereien wie Pilze aus dem Boden. Allerdings muss man auch erkennen, dass dies auf den kommerziellen Druck bisher relativ wenig Einfluss hatte. Es ist nicht verwunderlich, dass die digital Natives (zu denen ich mich auch zähle) ein bisschen gelangweilt von der allzu perfekten reinen Computergrafik ist und deshalb wieder nach einem manuelleren Verfahren (Buchdruck, Siebdruck oder auch Risographen …) sucht. Ich hoffe, dass sich in Zukunft der Druckprozess nicht noch weiter vom Gestaltungsprozess entfernt. Das müsste er schließlich auch nicht, wenn sich die Gestalter darum bemühen, die Produktionsmöglichkeiten auch im digitalen Bereich voll auszuschöpfen und die Kontrolle nicht völlig ausser Hand zu geben. Schlussendlich geht es darum, die Qualität der Gestaltung (und dazu gehört eben auch der Druck) möglichst auf ein Maximum zu trimmen.
Vielen Dank!
Slanted verlost das Buch True Print + dem Helsinki Poster von Dafi Kühne. Um an der Verlosung teilzunehmen, schreibt eine Mail mit dem Betreff »babyinktwice« und Angabe eurer vollständigen Postadresse (für den Versand) an [email protected]. Die Verlosung endet am Dienstag, den 30.05.2017 um 11 Uhr. Wer an der Verlosung teilnimmt erklärt sich damit einverstanden, News von Slanted zu erhalten. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Viel Glück!
© sw-Fotos: Peter Hauser