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Ein Quentchen Glück – Neunundneunzig Gedanken

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»Unglück macht besinnlich; Glück macht besinnungslos.
Also habe ich die Wahl zwischen einem Teelicht oder zehn Bier.«

Das ist eine Art Credo für Simones Masterarbeit, die am Exhibition Design Institute der Fachhochschule Düsseldorf entstanden ist. Ihre Idee: Philosophische Gedanken über das Glück mit Hilfe alltäglicher Objekte erklären.

99 Objekte, eingeteilt in 26 Themengebiete (u.a. Liebe, Heimat, Erfolg, Kindheit, usw.), beleuchten verschiedene Sichtweisen auf das Glück und laden zum Stöbern und Entdecken ein. Jedes Objekt erzählt (s)eine Geschichte zum Glück. Zum Beispiel, was das Waschmittel mit Heimat zu tun hat.

Die 26 Themengebiete sind auf 26 Setzkästen aufgeteilt, die einen großen Setzkasten mit den Maßen 3,20m x 1m bilden. Die Setzkästen sind außen schwarz lackiert und innen auf Goldglanz poliert. Eine zusätzliche Reflexionsebene bilden goldene Spiegel in den Böden. Neben diesem Hauptobjekt sind eine Theoriearbeit, ein Ausstellungskatalog, eine Plakat- und Postkartenserie sowie diverse Wandgestaltungen entstanden. Die Arbeit ist sehr persönlich und gerade deshalb identifiziert man sich schnell damit und verliert sich in den teilweise humorvollen, teilweise ernsten Texten über das Glück.

Simone hat uns ein paar Fragen zu ihrer Arbeit beantwortet:

Warum hast du ausgerechnet 99 Objekte ausgewählt?

Glück ist ein riesiges Themengebiet und ich habe bei meiner Recherche schnell bemerkt, dass ich dieses Thema niemals komplett abdecken kann. Ich habe mich also gefragt, wie ich dem Ganzen trotzdem gerecht werden kann und habe mich von bekannten Ausstellungskonzepten und -machern (wie z.B. dem Musée Sentimentale von Daniel Spoerri oder Gottfried Korff, etc.) inspirieren lassen. Sie haben mir gezeigt, dass es nicht darum geht ein Thema in seiner Vollständigkeit zu erklären, sondern dem Besucher ein Gefühl für die mögliche Bandbreite zu vermitteln. In meiner Arbeit würden 100 Objekte eine Vollständigkeit suggerieren, »99« dagegen steht für »Bandbreite«.

Und in welchem Verfahren hast du sie ausgesucht? Ich kann mir vorstellen, dass es nach dem 60. oder 70. Gegenstand schwierig wird, weitere zu finden…

Es war nicht schwierig 99 Objekte zu finden. Es war eher schwierig mich auf 99 Objekte zu beschränken. Die ersten beiden Monate habe ich nur gelesen und hatte danach drei Notizhefte voller „Glück“. Meine Literatur stammte aus den Bereichen Philosophie, Psychologie, Biologie, Hirnforschung, Unterhaltung und Religion. Bewusst weggelassen habe ich die ganzen Lebenshilfe-Literatur, weil ich meine Ausstellung nicht als Besser-Leben-Ratgeber sehe, sondern als interessante Sammlung, die zeigt, womit Glück zusammenhängen kann. Beim Sortieren der Notizhefte ergaben sich die 26 Kategorien (weil ich angefangen hatte alles alphabetisch zu ordnen, was ich aber wieder verwarf) und denen habe ich dann die 99 Objekte zugeteilt. Etwa 30 Objekte habe ich komplett aussortiert, um auf die Zahl 99 zu kommen.

Entstehen durch die Interaktion (Besucher – Gegenstände) neue Kombinationen?

Darüber habe ich mir bei der Konzeption der Ausstellung auch Gedanken gemacht. Allerdings legen die Besucher die Objekte stets wieder in die richtigen Fächer zurück. Das mag auch daran liegen, dass auf dem Boden der einzelnen Fächer die Nummerierung der Objekte und ein Einleitungstext zum Objekt angebracht sind. So könnte es bei Neusortierungen zu Missverständnissen kommen. Die einzelnen Setzkästen sind jedoch modular und so kann zumindest die Anordnung 26 Kategorien vertauscht werden.

Warum hast du dich für Setzkästen entschieden?

Setzkästen sind ein häufiges Ordnungs-Prinzip bei Sammlern um ihre Sammlung aufzubewahren und auszustellen. Sie vermitteln ein Gefühl von „Stöbern und Suchen“ und machen den Besucher zum Entdecker.

Welche Rolle spielen die Spiegel und die Farben Schwarz und Gold?

Schwarz und Weiß stellen den höchstmöglichen Kontrast dar. Auch das Glück beinhaltet diese beiden Extreme: Das Positive und das Negative. Gold wird mit etwas Wertvollem gleichgesetzt, es ist die Farbe der Götter und der Sonne und es strahlt eine Faszination aus, welche die Menschen anzieht. Obwohl es ein Metall ist, ist es in der Lage durch seine Farbe und seinen Glanz Wärme zu erzeugen. All das steht auch für das Glück: Wertvoll, Glanz, Faszination, Wärme. Die Spiegelfläche verleiht den Setzkästen Tiefe und erlaubet eine zusätzliche wortwörtliche Reflexionsebene: Der Besucher schaut sich beim Betrachten der Objekte in die Augen.


Neben deinem Hauptobjekt ist auch auch eine Theoriearbeit entstanden: Was genau behandelt sie?

Die Theoriearbeit vermittelt Hintergrundwissen über das Glück. Sie befasst sich mit der Geschichte des Glücks seit der Frühgeschichte, über das Altertum, das Mittelalter und die Neuzeit bis heute. Begriffe wie „Glück“ und „Unglück“, „Glückseligkeit“ und „Ein Quentchen Glück“ werden definiert. Sie erklärt wie Glück in unserem Körper entsteht, was Glück mit Glaube zu tun hat oder wie sich Glück mathematisch darstellen lässt. Und einige Glücks-Geschichten aus der Bibel, der Literatur und dem täglichen Leben werden vorgestellt. Außerdem erkläre ich darin Vorarbeit, Analyse, Konzept und Umsetzung meiner Ausstellung.

[email protected]
www.simonekapeller.de (derzeit im Aufbau)

Die Arbeit ist noch bis Juni 2011 in den Räumen der Agentur pulsmacher in Ludwigsburg ausgestellt.

pulsmacher GmbH
Rheinlandstraße 10
71636 Ludwigsburg

Anmeldung: Verena Schlerf, [email protected] oder +49(0)7141 64861-0

Öffnungszeiten: 10 bis 17 Uhr

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