FAQ
Die Quellen des »Data Flows«: Viele Gestalter haben sich in den letzten Jahren Gedanken darüber gemacht, wie man der stetig wachsenden Datenflut im Informationszeitalter Herr wird. Natalie de Gregorio wagt mit ihrer Diplomarbeit einen Blick flussaufwärts und schaut mal nach, wo die ganzen Daten überhaupt herkommen – sauber und klar? Mitnichten!
Das Buch zeigt auf 233 Seiten einen Querschnitt durch verschiedenste Aspekte der gefragten sowie ungefragten Befragung, insbesondere der ihr zugrunde liegenden Motivation und den angewendeten Methoden. Während wir immer detaillierter aufgeführt werden (Datenerfassung seitens Unternehmen und dem Staat) und uns selbst aufführen (social networking), rückt das Gegenüber zunehmend in die Anonymität. Die in der »Bestandsaufnahme« dargestellten Beispiele, stehen stellvertretend für zahllose, kaum zu durchschauende Methoden zur Informationsgewinnung, die in jedem Bereich des Lebens verfügbar sind.
Interviews mit dem Abteilungsleiter für Wirtschaft und Befragung des Statistischen Amts Stuttgart, mit einem Datenschutzbeauftragten an der Börse, mit einem Dokumentar Fotografen und einem Staatsanwalt erläutern hierbei die Hintergründe.
Gefragte und ungefragte Befragung reicht von der subtilen Erhebung des Konsumverhaltens bis hin zur eklatanten Menschenrechtsverletzung. Die technischen Möglichkeiten entwickeln sich hierbei wesentlich schneller als jede Gesetzgebung und gesellschaftliche Moralvorstellung, was dazu führt, dass der verantwortungsbewusste Umgang mit Privatsphäre allmählich verschwindet oder gar nicht erst erworben wird. Jede Information kann missbraucht werden.
Entstanden ist »FAQ-Befragung im Informationszeitalter« 2009/2010 als Diplomarbeit im Fachbereich Kommunikations-Design, an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, bei Prof Gerwin Schmidt und Prof Niklaus Troxler.
Noch schön zu wissen:
Papier: Schneidersöhne Rainbow 120 g/m², Naturweiß, Hellgrau, und Intensivorange.
Schriften: Trade Gothic und MagdaClean.
/. Slanted Interview
Das Thema des Datenschutzes ist gerade sehr aktuell und in den Medien vielfach diskutiert. Du schreibst, dass der verantwortungsbewusste Umgang mit Privatsphäre allmählich verschwindet oder gar nicht erst erworben wird. Sind das Schlüsse, die du aus deiner Arbeit ziehen konntest? An welchen Punkten machst du das fest?
Anfangs stellte ich mir die Frage, wie es möglich ist das wir intimste Dinge bei zB Facebook veröffentlichen obwohl es noch bei den Volkszählungen in den 1980er Jahren äusserst umstritten und von massiven Protesten begleitet war ähnliche Daten in wesentlich geringerem Umfang zu erheben. Offensichtlich veränderte sich das Gefühl für Privatsphäre und der Umgang mit privaten Daten mit voranschreitender Technik. So wie wir uns daran gewöhnt haben über Mobil Telefone ständig erreichbar zu sein, so besitzt nahezu jeder in meinem Umkreis ein Profil in einem Social Network. Payback-Karten und Onlineshopping sind weitere Beispiele dafür das wir ständig unbewusst Daten preisgeben und wir in unserer Kommunikation berechenbar geworden sind. Doch Privatheit ist ein Schutzraum, in dem sich Menschen frei von Blicken und Manipulationen von aussen bewegen und entfalten können. Dieses Refugium dürfen wir nicht gegen einen Bonuspunkt eintauschen.
Du hast einige Interviews mit Personen aus der Wirtschaft und dem Staatswesen geführt. Wie aufgeschlossen waren diese gegenüber dem Thema deiner Arbeit? Wie waren deren Meinungen?
Das kam ganz darauf an. Die Interviewten waren insgesamt sehr aufgeschlossen und interessiert am Thema dieser Arbeit. Zb der Abteilungsleiter für Wirtschaft und Befragung des Statistischen Amts Stuttgart sagte zu mir: „Ich habe hier zwei Steine liegen, die sind auf mich geworfen worden bei der Zählung ´87. Durchs Fenster in mein Arbeitszimmer. Das ist so ein Punkt wo ich jetzt sage: und da fährt dieses Auto von Google da durch …“
Der Staatsanwalt gibt zu: „Wenn man Überwachungsmethoden summiert, also dass die Verbindungsdaten einsehbar sind, das Handy abgehört wird, zugleich ein GPS Sender im Auto angebracht ist, eine personelle Überwachung stattfindet, parallel dazu das Auto und die Wohnung abgehört wird und schliesslich noch alles mit Videokamera und Fotokamera dokumentiert wird, dann nennt man das eine Rundumüberwachung.“
Das Bundesinneministerium in Berlin wich meiner Frage „Was wenn der RFID Chip im neune EPass nicht funktioniert ?“ aus, und verwies mich auf die Internetseite epass.de
Dort wiederum heisst es: „Der Chip im ePass ist eine zusätzliche Hürde für Fälscher.“ Die Frage wie viele Totalfälschungen bisher fesgestellt wurden beantworteten sie damit das Totalfälschungen des Reisepasses bisher nicht festgestellt wurden.
»Die technischen Möglichkeiten entwickeln sich hierbei wesentlich schneller als jede Gesetzgebung und gesellschaftliche Moralvorstellung«. Hast du hierfür konkrete Beispiele für uns?
Ein gutes Beispiel dafür ist Electronic Monitoring, also elektronische Fussfesseln für Strafgefangene. Dies ist ein Thema bei dem es der Gesetzgebung schwer fällt die Grenzen zwischen Resozialisierung und sozialer Kontrolle zu definieren. Einerseits können die Gefangenen ganz normal zur Arbeit gehen und zu Hause übernachten, sind somit bei ihren Familien, andererseits kann genau das wiederum eine Belastung für die Familien darstellen.
Ausserdem wird jeder Schritt per GPS überwacht, so können unbeteiligte Menschen ohne es zu wissen ins Auge der Ermittlungen geraten sobald sich der Gefangene beispielsweise bei Ihnen zu Hause aufhält. Electronic Monitoring wird in der Strafmassnahme in den Niederlanden, Grossbritanien und der Schweiz angewendet, und in Baden-Württemberg momentan getestet.
Eigentlich ist jeder einzelne der in FAQ enthaltenen 50 Fakten ein gutes Beispiel dafür. Dieses Thema ist allumfassend, ständig und überall präsent, und so sehr im Alltag verwoben das wir den Überblick darüber verlieren wer uns verlinkt, wer uns beobachtet, wer uns überwacht und vorallem welcher Nutzen oder Schaden daraus entstehen kann. Während wir immer detaillierter aufgeführt werden und uns selbst aufführen, rückt das Gegenüber zunehmend in die Anonymität.
Für mehr Informationen und Interesse an FAQ:
natalie(at)gregoriografik.com