Fontnames Illustrated auf Freistil-online
Raban Ruddigkeit kuratiert seit vielen Jahren die Strecke “Fontnames Illustrated” im Slanted Magazin. Auch für Slanted Magazin #14 hat er 5 Freistil-Illustratoren eingeladen, Schriftennamen zu illustrieren. Mit dabei in dieser Ausgabe: Marco Wagner, Boris Hoppek, Mario Wagner,Chrigel Farner und Emilia Forstreuter.
Auf seinem Blog Freistil-online hat er ausführlich über die einzelnen Illustrationen und deren Hintergründe geschrieben. Wir erlauben uns, seine Texte und Thesen an dieser Stelle zu wiederholen. DANKE, Raban.
1. These »Illustrationen müssen den Geist anregen.«
Illustriert von Marco Wagner für Slanted #14 News Magazines
Raban Ruddigkeit, 14. Juni 2011
Seit nunmehr 10 Heften kuratiere ich die Rubrik »Fontnames Illustrated« im für mich aufregendsten Design-Magazin Deutschlands »Slanted«. Ein Grund innezuhalten und diesmal eine Handvoll sehr persönlicher Lieblingskünstler einzuladen.
In den nächsten Tagen werde ich die dafür entstandenen fünf Arbeiten einzeln vorstellen. Denn sie sind jeweils mit einer (ich verwende einfach mal dieses komische Wort) Position verbunden, die mir wichtig ist.
Nach mehr als 10 Jahren Betrachtung und Auseinandersetzung mit Illustration über die Freistil-Bücher, diesen Blog und z.B. die Rubrik »Fontnames Illustrated« kristallisieren sich langsam ein paar Erkenntnisse heraus, die vielleicht nicht völlig überraschend sind. Aber dann doch von einer gewissen Gewalt und (noch so´n komisches Wort) Nachhaltigkeit.
So gibt es zu jedem der vorgestellten Künstler eine kurze These, die ich einfach mal an diese Pinnwand nagele und mich auf eine Diskussion darüber freue. Denn – ganz ehrlich – auch wenn es heute hunderte von Zeichnern mehr gibt, als noch vor einer Dekade, hat sich die Qualität nur mühevoll nach vorn bewegt. Doch woher kommt eigentlich diese sagenumwobene Qualität?
Beginnen möchte ich mit Marco Wagner, der seit Jahren in einer ebenso stabilen wie wandlungsfähigen Arbeitsweise in der Lage ist, den Betrachter zu fesseln. Denn seine Arbeiten verlassen schnell die Oberfläche und zwingen den Betrachter zu mehr als einem schnellen Goutieren der Visuals.
Meine These; Illustrationen müssen den Geist anregen. Nur wenn eine Arbeit verschiedene Ebenen betritt, die Erfahrungen und Erkenntnisse des Autors vermittelt und eigene hervorzurufen in der Lage ist, hat sie eine Daseinsberechtigung. Eine pure Abbildung ist in der kommunikativen Gegenwart überflüssig.
2. These »Illustrationen müssen Lust bereiten.«
Illustriert von Boris Hoppek für Slanted #14 News Magazines
Raban Ruddigkeit, 15. Juni 2011
Lust und Lustig liegen im Wörterbuch und bei Boris Hoppek dicht beieinander. Der in Barcelona lebende Künstler schafft es, Tabus zu brechen, ohne vordergründig zu schockieren. Erinnert ihr euch z.B. noch an seine Hitler-Bimbo-Puppe?
Als ich vor mehr als 10 Jahren die Freude hatte, sein Atelier in Berlin zu besuchen und ihm beim Übermalen von H&M-Plakaten zuzuschauen, wußte ich, dass er eine große Karriere vor sich hat (und habe mir glücklicherweise noch einige Arbeiten geleistet).
Heute zählt er zu den wichtigsten – weil eigenständigsten – Künstlern seiner Generation und ist international erfolgreich. Seine Arbeiten sind immer sinnlich und politisch, plakativ und vielschichtig. Darüber hinaus scheut er sich nicht, ständig neue Medien zu erobern und sogar einer Internetseite so etwas wie eine Seele einzuhauchen.
Doch vor allem anderen sind Hoppeks Motive voller Lust. Lust am Leben, Lust am Menschen, Lust an der Lust. Und untermauern meine heutige These, die da heißt;
Illustrationen müssen Lust bereiten. Eine Arbeit muß man auch körperlich spüren, denn einem Körper ist sie entsprungen. Auch das macht sie zu mehr als einem simplen Abbild.
3. These »Illustrationen müssen handwerklich überzeugen.«
Illustriert von Mario Wagner für Slanted #14 News Magazines
Raban Ruddigkeit, 16. Juni 2011
Der in San Franzisko lebende Illustrator ist in der Klassischen Kommunikation ebenso zuhause wie in der Freien Kunst. Er arbeitet für die namhaftesten Publikationen und die renommiertesten Werbekunden. Warum? Er beherrscht sein Handwerk!
Und das ist - trotz universitärer Inflation im Bereich der »visuellen Kommunikation « – noch immer alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Hier scheint nach wie vor die sehr deutsche Devise zu gelten; Hauptsache, das Konzept stimmt. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn es gibt wenig kreative Ausdrucksformen, die so selbstverständlich mit dem Handwerk verbunden sind, wie die Illustration.
Da kann es zwar eine Zeitlang hilfreich sein, dass das »schlechtzeichnen« hip ist, aber jede Saison geht auch einmal zuende. Dabei ist das Zeichnen lernen einfach - man muß es nur einfach immer wieder tun. Und immer wieder besser werden wollen.
Illustrationen müssen handwerklich überzeugen. ist deshalb nicht nur eine These – sondern ein Aufruf. Ein Illustrator, der sein Handwerk nicht beherrscht, ist eigentlich nur – ein Illusionist.
4. These »Illustrationen müssen Eigenständigkeit besitzen.«
Illustriert von Chrigel Farner für Slanted #14 News Magazines
Raban Ruddigkeit, 17. Juni 2011
Wie in keiner anderen Kommunikationsform gilt in der Illustration; be unique! Nur ein unverwechselbarer, ungesehener und sehr persönlicher Strich schafft es, in Erinnerung zu bleiben. Der in Berlin lebende Schweizer Chrigel Farner lebt dieses Prinzip.
Seine Arbeiten sind dennoch alles andere als modisch und scheinen dem Füllhorn der jahrhundertealten Magierin Illustation entsprungen zu sein. Und wenn ihn eine Zeichnung noch nicht zufriedenstellt und überrascht, kann es sein, dass er tagelange Arbeit vernichtet und nochmal von vorn beginnt.
So bringt er nicht nur Deadlines an den Rande des Nervenzusammenbruchs sondern auch unsere Netzhäute immer wieder zum Überkochen. So bleibt er unberechenbar und wiedererkannbar.
Illustrationen müssen Eigenständigkeit besitzen. Denn der Mut, eine eigenwillige Form zu finden, ist notwendig in einer Welt, in der eine Farbkopie nur noch 50 Cent kostet.
5. These »Illustrationen müssen neu sein.«
Illustriert von Emilia Forstreuter für Slanted #14 News Magazines
Raban Ruddigkeit, 20. Juni 2011
Die Berlinerin gehört zur jungen Generation von Künstlern, die auch mit 3-D-Software und After Effects so mühelos umgehen, wie es mancher noch nicht einmal in Illustrator schafft. Dies verbindet sie mit ihrer ständigen Suche nach neuen Bildwelten.
Und findet auf Flohmärkten und im Worldwideweb immer wieder Gegenstände und Strukturen, die ihre Arbeit bereichern. Und man darf jedesmal gespannt sein, was sie als nächstes zeigt und auch ein bisschen darauf, wie es gemacht wurde. So spielt in diesem Motiv eine Barbiepuppe eine gewisse Rolle ...
Diese frische, detailreiche und technologisch innovative Form der Illustration soll die letzte These untermauern, die eigentlich ganz an den Anfang gehört; Illustrationen müssen neu sein.
Und damit beende ich dieses kleinen Ausflug in die Klugscheißerei und freue mich auf noch mehr Beiträge in diesem Blog. Und vor allem auf morgen, Dienstag, den 21. Juni 2011. Denn dann gibt es hier – neben dem Sommeranfang – richtig was zu feiern!