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Geesche Jost: Research rocks

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Gesche Joost beginnt ihren Vortrag sehr dynamisch und sehr überzeugend. Und selbst wenn sie sicherlich den langweiligsten Startscreen (Telekom Corporate) hatte kann ich mir sehr gut vorstellen, wie sie die "Alte Herren Riege" der Telekom beeindruckt. Vielleicht muss ich mein Bild der Telekom auch überarbeiten, nachdem ich nun das Team von Gesche Joost gesehen habe.


T-Lab ist ein Forschungsinstitut das die Telekom zusammen mit der TU Berlin betreiben. Gesche Joost zeichnet hierbei für den Design-Research verantwortlich, der wohl erst mit ihrem Eintritt in professionelle Bahnen kam. Denn, wie sie beschreibt, entsteht noch lange keine Innnovation, indem man einen Haufen Ingenieure in einen Raum steckt.
Design Research versucht, wie die Industrie das verständlicherweise fordert, einen im innersten nicht steuerbaren, bzw. nicht verstehbaren Prozess auf wissenschaftliche und damit kalkulierbare Füße zu stellen. Am Anfang steht eine Frage an das Design (Müssen Handies für Frauen rosa und niedlich sein?), die in eine Frage an die Forschung skaliert wird (Welche Forderungen haben Frauen an ihr Handy). Die Antworten werden dann möglichst in Ergebnisse als Produkt oder Wissen umgesetzt. Das T-Lab setzt hierbei stark auf die Einbeziehung der Nutzer (im wissenschaftlichen Marketing-Deusch "Participatory Design"). Für das Frauen-Handy wurde mit 15 Gruppen mit je 15 Frauen im Alter von 14 bis 60 Jahren und aus unterschiedlichen sozialen Milieus gearbeitet. Nach dem offenen Briefing Gespräch werden die Gruppen beauftragt in einer Phase der Selbstbeobachtung Material, Eindrücke, Tagebücher zusammen zu stellen, die anschließend in "pseudowissenschaftlicher" Analyse inhaltlich und formal aufarbeitet werden. Das kann für die Probanten amüsant (ausser der Tag ohne elektronische Kommunikation, Gruppe der 14-jährigen) sein, ist für die Projektgruppe aufgrund der Ausführlichkeit sicherlich eine mühsame Arbeit. Schließlich entwickelt jede Probantin in einem Workshop ihr Wunschhandy. Die Ergebnisse der 14-jährigen sind wunderbare Objekte geworden. Die älteren Gruppen sind leider noch nicht in dieser Phase.
Die so entstandenen Informationen wurden in schönen Grafiken aufgearbeitet. Eigentlich zu schade, um sie nur für die internen Präsentationen zu verwenden. Aber vielleicht tauche sie mal in einem der kommenden Information-Grafik-Manuals auf.

Die Mischung aus wissenschaftlichen Modellen und spontan entwickelter Versuche sind unwahrscheinlich spannend. In wie weit Designprozesse verallgemeinert und damit in wissenschaftliche Gerüsten abgebildet werden können bleibt offen. Gute Designlösungen leben von den Menschen, die daran arbeiten, egal ob Autorenschaft im Vordergrund steht oder Funktionalismus.

Als Frage bleibt, nicht zuletzt als allgemeine Schwingung dieser Typo, ob die Annäherung an das Humane, Individuelle in seiner letztendlichen Nutzung durch ein gewinnorientiertes Unternehmens nicht eigentlich doch unmenschlich wird.









www.design-research-lab.org

"Design als Rhetorik", Birkhäuser, ISBN 978-3-7643-8345-9

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