Grotesk – Schrift der Zukunft
Das »Grotesk Symposium« fand letzten Donnerstag und Freitag im Gutenberg-Museum in Mainz statt. Es wurde, wie der Titel schon sagt, darüber diskutiert, ob die Groteskschrift die Schrift der Zukunft sein wird oder ob die aktuellen typografischen Positionen in eine andere Richtung weisen. Basierend auf der Geschichte der Schriftgattung wurden Aussichten gewagt.
Rund 200 Teilnehmer aus ganz Europa haben an dem zweitägigen Symposium teilgenommen. Dass die Karten für das Typografie-Symposium, das von der Hochschule Mainz und dem Gutenberg-Museum gemeinsam veranstaltet wurde, innerhalb drei Tagen ausverkauft waren, spricht nur für die Veranstaltung. Das ist ein großer Erfolg auch im Hinblick auf die im Juni 2016 im Gutenberg-Musem stattfindende Sonderausstellung »Futura«.
Eröffnet wurde das »Grotesk Symposium« am Donnerstag Abend mit einem Vortrag von Erik Spiekermann, einem der wohl weltweit bekanntesten deutschsprachigen Grafikdesigner. Nach Einleitung über die Entwicklung der Groteskschriften ging er auf aktuelle Tendenzen ein. Sein Fazit war, dass bisher nichts die Groteskschriften kaputt bekommen konnte und dass diese seiner Meinung nach auch die Schrift des 21. Jhs. sein wird. Seinem Vortrag war trotz seiner Informationsmenge angenehm zu folgen, da er auch viele Anekdoten aus seinem Leben als Schriftgestalter mit einfließen ließ.
Freitag Morgen ging es nach einer Einführung von Dr. Annette Ludwig, Prof. Dr. Petra Eisele und Prof. Dr. Isabel Naegele mit einem Vortrag von James Mosley aus London weiter. James Mosley ging in seinem Vortrag auf den exakten Ursprung der Groteskschriften ein die er “primitive letters” nennt. Zu dem Thema veröffentlichte er bereits 1999 das Buch “The Nymph and the Grot.” James Mosley ist Professor am Fachbereich Typografie & Kommunikationsdesign der University of Reading, GB.
Anschließend gab Ute Brüning einen Vortrag über den Einsatz von Groteskschriften am Bauhaus und über die Entwicklung sogenannter »Programmschriften«. In der damaligen Zeit ist viel passiert, Linearantiquas haben sich von humanistischen zu geometrischen entwickelt und es wurde erkannt, dass vereinfachte Formen nicht zwangsläufig bessere Lesbarkeit bedeuten.
Leider konnte Kai Bernau aus den Niederlanden wegen einem Krankheitsfall nicht zum Symposium erscheinen.
Deshalb fuhr Wolfgang Hartmann von BauerTypes nach einer kurzen Kaffeepause mit einer humorvollen Präsentation über die Geschichte der Futura fort. Neben der typischen historischen Hintergründe klärte er uns auch darüber auf, dass die Futura die beste Schrift der Welt ist, schließlich ist sie auch die einzige, die es zum Mond geschafft hat.
Die Mittagspause gab uns Zeit all die gesammelten Informationen zu verdauen. Darauf hin gab Prof. Dr. Isabel Naegele von der Hochschule Mainz eine Überleitung in die Nachmittags-Vorträge und einen kurzen Überblick über die aktuellen Trends im Typeface-Design die sie feststellen konnte. So wären neben den immer öfter richtig ausgenutzten OpenType Features zur Zeit Revivals von nie digitalisierten Schriftentwürfen und Neuinterpretationen von Design Klassikern im Trend.
Gerard Unger aus den Niederlanden, der erste Sprecher am Nachmittag, hielt seinen Vortrag über eine Randgruppe der Groteskschrifen, die »Endbetonten Endstrichlosen«. Er analysierte für uns wann in der Historie der Schrift die Serifen aufgekommen sind, wann sie wieder verschwanden und wo der Unterschied zwischen den Schriften liegt. Er veranschaulichte außerdem auch den Zusammenhang von »Endbetonten Endstrichlosen« und Serifenschriften zur Lesbarkeit. Gerard Unger ist im Moment Gastprofessor an der University of Reading, GB.
Christopher Burke gab uns eine detaillierte Ausführung über die Ansichten Jan Tschicholds, welche Schriftart für die »Neue Typografie« geeignet ist und welche nicht. So waren der Ikone der Typografie, zur Zeit der Veröffentlichung seiner »Elementaren Typografie«, viele Groteskschriften zu humanistisch. Nach dem Erscheinen der Futura wurde er zum Verfechter dieser geometrischen Linearantiqua, um sich später in seinem Leben doch wieder den klassischen Antiquaschriften zuzuwenden. Christopher Burke ist Forscher am Fachbereich Typografie & Kommunikationsdesign, University of Reading, GB.
Daraufhin setzte sich Jérôme Knebusch in seinem Vortrag für ein Überdenken der Schriftklassifikationen ein. Er präsentierte seine Schriftfamilie “Instant”, die sich nicht ohne weiteres in die geläufigen Schriftklassifikationen einordnen lässt. Die Schnitte seiner Schrift sind nämlich von dynamisch nach statisch und von leicht nach schwer sortiert. Jérôme Knebusch lehrt an der Kunsthochschule in Metz und am Staatlichen Institut für typografische Forschung (ANRT) in Nancy.
Als letzte Vortragende gab Alice Savoie eine Ausführung über die Frutiger und was deren Besonderheiten sind in Hinblick auf den damaligen Wechsel von Bleisatz zu Fotosatz. Für die Frutiger war es nur deshalb möglich so schnell mit ihren über 20 Schnitten Fuß zu fassen, da die neue Technik viel mehr Schnitte einer Schrift auf einer einzelnen Matrix des Fotosatzes erlaubte. Alice Savoie lehrt am Atelier National de Recherche Typographique (ANRT) in Nancy und an der Ésad Amiens, FR.
Eine tolle Veranstaltung mit interessanten Vorträgen zum Thema Schrift. Gratulation!