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LAUTLOS Gesellschaftsmagazin

Author:

Arne Sopp gestaltete im Zuge seines Diploms an der FH Mainz das Magazin LAUTLOS und realisierte mit dem Konzept und der ersten Ausgabe des Gesellschaftsmagazins seine soziale Verantwortung. Das Magazin LAUTLOS bespricht dementsprechend Themen, die in der Gesellschaft kein Gehör finden. So hat sich die erste Ausgabe prompt dem naheliegendsten Thema für eine solch fehlende Wahrnehmung gewidmet: Gebärdensprache und Gehörlosenkultur.

Lautlos berichtet, beschreibt, bezeichnet, klärt auf. Aus vielen verschiedenen Blickwinkeln wird auf das Thema eingegangen. So zeigen dokumentarische Fotostrecken ein Bild der Gehörlosen-Subkultur, geben Interviews Aufschluss über das Leben von Gehörlosen und deren Angehörigen, beschreiben Texte und Illustrationen die Wesenszüge der Sprache, verweisen künstlerische Fotos auf Lösungsansätze für eine Integration und geben Artikel persönliche Erfahrungen und Eindrücke wieder: »Gebärdensprache ist ästhetisch, faszinierend und unverständlich. Sagen wir es ruhig: Keiner kann sie, aber sobald man sie zu Gesicht bekommt, kann man sein Auge nicht mehr davon lösen.«

LAUTLOS · Gebärdensprache und Gehörlosenkultur
Ein Bericht über das Leben in der Subkultur der Gehörlosen und die Faszination einer visuellen Sprache.

Facts:
Format: 228,5x285mm
Umfang: 140 Seiten,
Papier: Munken Print Cream 18
Inhalt: 21 Artikel, 9 Interviews, 17 Illustrationen, 98 Fotos, 7 Fotostrecken

Interview:

1) Du hast dich in deiner Arbeit mit Gebärdensprache und gehörlosen Menschen beschäftigt. In einem Urlaubssemester kurz vor dem Diplom hast du dafür extra die Gebärdensprache gelernt. Wie hast du davon profitiert und wie gut kannst du sie »sprechen«?

Ohne die Gebärdensprache selbst zu sprechen, hätte ich bei Leibe viel zu wenig von dem verstanden, um was es in der Arbeit letztendlich geht – sowohl aus kommunikativer, also sprachlicher Sicht, wie auch auf Basis des Verständnisses und der Verständigung, und damit auf kultureller Ebene.

Während man eine andere Fremdsprache ‚nur‛ sprechen lernt, muss man Gebärdensprache verstehen lernen. Das liegt an ihrem Charakter und der Gruppe an Menschen, die sie sprechen. Es bleibt nicht aus, dass man sich im Laufe des Lernens auch immer stärker mit diesen Menschen beschäftigt. Und nur so konnten immer wieder neue Hintergründe, Charakterzüge und Wesenszüge von Sprache und Gehörlosen selbst zum Vorschein kommen. Insofern ist es auch nicht verwunderlich, dass sich das Thema nach kurzer Zeit nicht nur auf die Gebärdensprache beschränkte, sondern die Gehörlosenkultur gleichsam behandelt werden musste!

Also kann man nicht vom Profitieren sprechen; es war stattdessen eine Notwendigkeit, um das Thema aus vielen verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Ohne die persönliche Kontaktaufnahme mit Gehörlosen wäre es eine halbherzige, oberflächliche, rein wissenschaftliche Facharbeit. So ist es eine persönliche Berichterstattung von Erfahrenem.

Mittlerweile sind meine sprachlichen Fähigkeiten ein wenig eingeschlafen, weil ich nach der Diplomphase eine Auszeit brauchte - trotzt der Faszination für das Medium. Aber ich kann mich immer noch ganz respektabel mit einem Gehörlosen unterhalten, ihn ärgern oder mit ihm lachen. Für größere Taten, wie Dolmetschen, reicht es jedoch nicht.

2) Die Erinnerung an Björn, einen gehörlosen Jungen aus deiner Kindheit, hat dich zur Arbeit inspiriert. Du hast ihm eine eigene Strecke im Magazin gewidmet. Welcher Teil im Magazin ist dir persönlich am wichtigsten und warum?

Wichtig am Magazin selbst war mir, mit viel Eigendynamik an die Arbeit heranzugehen. Das bedeutete, dass ich ein solch soziales Thema unter keinen Umständen oberflächlich bearbeiten durfte. Deshalb musste ich selbst mit Gehörlosen in Kontakt treten, mir ihre Geschichten, ihre Probleme und Sorgen, ihre Freude und Erfolge anhören und sie teilen. Das ist auch der Grund, weshalb es keine Fremdtexte gibt. Alles Geschriebene basiert auf persönlichen Eindrücken, Erfahrungen und Gesprächen mit Menschen aus der Subkultur. Dennoch bleibt der ‚wissenschaftlich‛ erklärende Teil nicht aus. Er ist durch Interviews abgedeckt.

Der Aspekt, die Welt der Gehörlosen aus meiner Sicht eines Hörenden zu beschreiben und von ihr zu berichten, ist auch insofern wichtig, da das Magazin für Menschen gestaltet wurde, die sich zwar gesellschaftlich und sozial engagieren, aber nicht in der Subkultur verankert sind. Solch ein Engagement kann nur persönlich sein. Also erzähle ich im Magazin natürlich etwas Persönliches, aber mit der gebotenen Distanz zum Privaten.

Dazu gehört auch die Geschichte von Björn, die viel von dem Leben eines gehörlosen Kindes und seiner Familie preisgibt. Für mich ist sie in der Tat eine der spannendsten Anekdoten im Magazin. Für ebenso interessant halte ich selbst den Artikel über meinen ersten Tag im Gehörlosenzentrum Mainz. Dort bin ich zum ersten Mal in freier Wildbahn auf Gehörlose getroffen, als Hörender alleine auf weiter Flur. Die Vorsicht und Unbeholfenheit, die sich in diesen Stunden abspielt, spiegelt sich in einem sehr persönlichen Monolog wider. Der vielleicht schwierigste Text aus Persönlichem und Persönlichkeit.

3) Du hast dich in deiner Diplomarbeit als Kommunikationsdesigner mit einem gesellschaftlichen, gar sozialem Thema beschäftigt. Was waren für dich dabei die Beweggründe? Was hat dich dazu angestachelt? Was war die Motivation?

Ich möchte als Designer meinen Möglichkeiten entsprechen. Man hat eine gewisse Verantwortung, wenn es um das Gestalten von Inhalten geht. Ich denke immer noch, dass man sich als Designer seiner Möglichkeit, guten Ideen eine entsprechend gute Form zu geben oder Fläche zu bieten, bewusst sein sollte. Dazu gehört für mich auch ein Bewusstsein für soziale Verantwortung. Da gab und gibt es aus meiner Sicht immer noch Handlungsbedarf.

Mit LAUTLOS wollte ich nun meine Fähigkeiten nutzen, um mich sozial zu engagieren. Eine bessere Gelegenheit, als es in einer Diplomarbeit auszuleben, wird sich vielleicht nicht mehr finden. Dort konnte ich mich einfach frei entfalten und meinen Ansprüchen gerecht werden. Mir ist es lieber, relevante Inhalte zu erstellen, als irgendeine schöne Gestaltung über ein nichts sagendes Thema zu stülpen. Dort bietet mir das Magazin einfach den richtigen Platz. Soziales Engagement gehört für mich untrennbar zum Designertum dazu.

4) Wie geht es mit dem Lautlos Magazin weiter? Gibt es eine Fortsetzung?

Wenn möglich ja! Das Konzept verspricht ja eine weitere Ausgabe mit einem anderen Thema. »Gebärdensprache und Gehörlosenkultur« ist dabei nur die Nummer eins. Doch um eine zweite Ausgabe zu bearbeiten, muss die erste erst einmal verlegt werden.

Ich suche weiterhin nach einem Verleger oder Sponsor, der mir hilft LAUTLOS zu veröffentlichen. Ich denke, dass es ein sehr interessantes Magazin und Konzept ist, welches ein wichtiges gesellschaftliches Thema bespricht. Wer Interesse daran zeigt mich zu unterstützen, kann sich sehr gerne bei mir melden. Kontaktmöglichkeiten und weitere Infos gibt es auf der Webseite zum Magazin.

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