Leipziger Typotage
Am Samstag fanden die 15. Leipziger Typotage im Museum für Druckkunst Leipzig statt mit dem Thema »Typografie und Verpackung - Was macht die Schrift auf der
Schachtel?«. Eine kleine, feine Veranstaltung für Typoliebhaber, Designer und Techniker. Basis der Vortragsreihe war der sehr wirtschaftlich orientierte Ansatz: Eine gute Verpackung ist die Verpackung, die zu einem erfolgreichen Absatz des Produktes führt. Das Wort »Supermarkt« war ein Wort, das sehr häufig vorkam.
Sehr lebendig in Erinnerung geblieben ist mir der Vortrag von Christoph Haeberle von der Hochschule der Medien in Stuttgart zur Wahrnehmungspsychologie. Er schaffte es, theoretische Themen wie die Systemtheorie von Maturana und Varela mit teilweise skurrilen Beispielen auf den Punkt zu bringen: Wie sieht der gesunde Eierdotterfarbton eines Hühnereis aus? Das sieht der Skandinavier anders als der Deutsche, daher gibt es den Eierdotter-Gelbfarbfächer, ein Farbfächer, der sich auf die Zufütterung von Carotin bezieht und den jeweiligen Gelbton des Eidotters, der dadurch erzeugt wird‚ um eines seiner Beispiele zu zitieren.
Die Wandlung vom »Fossil« zur angesagten Qualitätsmarke zeigte Armin Angerer von der Peter Schmidt Group mit dem Relaunch der japanischen Süßwaren-Marke »Juchheim«. »Deutsch« ist für Japaner ein Qualitätszeugnis, sie können es nicht lesen, aber kaufen den Baumkuchen!
Einen spannenden Ansatz bot Julius Wiedemann, Herausgeber des Taschen-Verlags. Er zeigte Verpackungen mit ausschließlich typografischen Gestaltungslösungen, kategorisiert in Produkte mit weniger als 10 Wörtern und mehr als 10 Wörtern. Wie kaum anders zu erwarten gab es unendlich viele Beispiele dafür aus UK, Skandinavien, Holland und Japan, aber keine deutschen Produkte. Liegt das am deutschen Designer, am deutschen Auftraggeber oder am deutschen Gesetzgeber? Ich frage mich, warum fehlt die ästhetisch reduzierte Verpackung in Deutschland?
Das Historische war automatisch Bestandteil des Ganzen. Wer sich für Drucktechnik begeistert, sollte unbedingt einmal im Museum für Druckkunst gewesen sein. Ein Museum dass sich als »lebendes« Museum bezeichnet, denn an allen Druckmaschinen wird noch gearbeitet, es gibt für jede Drucktechnik Spezialisten, die diese noch ausführen. Für mich völlig neu war zum Beispiel Lichtdruck. Das funktioniert ähnlich wie Lithografie auf Stein, die Druckform ist eine Glasplatte mit einer Gelatineschicht, die belichtet wird. Näheres dazu unter http://www.lichtdruck.de/
Kleines Fazit: Mir persönlich fehlte der Tiefgang in dieser Veranstaltung, wo waren die Typo-Spezialisten, wo die Verpackungsspezialisten? Warum wurde nicht über aktuelle Tendenzen gesprochen, beispielsweise Sicherheitselemente auf Verpackungen, Hologrammfolien, Mikroschrift oder auch über Materialien die sich auflösen, essbares Papier, experimentelle Kartonfaltung?
Ich war zum ersten Mal bei den Leipziger Typotagen und musste leider feststellen, dass ich den Höhepunkt dieser Veranstaltungsreihe verpasst habe, 2004 waren die Vortragenden beispielsweise Kurt Weidemann, Günter Gerhard Lange, Hans Eduard Meier, Ole Schäfer, Akiem Helmling, Albert Pool, Martin Majoor, Erik Spiekermann und mehr: das nenne ich Fokus auf Typografie!