PROMPT. MAGAZIN FÜR RELEVANZ UND EINSICHT
»Prompt. Magazin für Relevanz und Einsicht« heißt die Diplomarbeit von Claudia Wieser. Entstanden an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt, Fakultät Gestaltung, setzt sie sich mit Themen auseinander, die jeden betreffen, das Altern und die Endlichkeit des Menschen.
Claudia Wieser im Slanted Interview:
Dein Magazin heißt »Prompt. Magazin für Relevanz und Einsicht«. Wie kam es zu dem Namen? Was hat es damit auf sich?
»Prompt« ist ein gutes Wort. Kein Luftikus und auch kein Wort das nüchtern in der Ecke verstaubt. Hier erstmal eine kleine Auflistung zur Bedeutung dieses famosen Wortes: anregen, antreiben, auffordern, eingeben, flink, postwendend, schnurstracks, parat, etc.
In meiner Arbeit geht es im Allgemeinen um das Thema »Älter werden«. Es geht um Ängste die damit verbunden sind aber auch genauso um Träume und Ziele. Es geht um Sexualassistenz, um gesellschaftliche Probleme wie den demografischen Wandel, um Pflege und Pflegeethik ebenso wie um den Wahn der Neo-Alten. Dabei ist das Älter werden doch der natürlichste Vorgang im Verlauf eines Lebens. Aber alt sind wir dann doch immer irgendwie plötzlich.
Mir geht es nicht darum mit dem Zeigefinger auf fast jedermann zu zeigen und oberschulratsmäßig ethische Prinzipien zu kanzeln. Ich bin doch auch kein Stück besser. Es geht mir viel mehr darum, einfach auf gleicher Augenhöhe wichtige Themen anzusprechen. Zu zeigen was los ist, was abgeht, dass wir mittendrin stecken und auch nicht abhauen können. Und vielleicht erzielt man dann am Ende ein: »Sie hat ja Recht!«. Ein Magazin für Relevanz: Themen werden auf den Tisch gepackt die einfach wichtig sind. Wichtig sind auf gesellschaftlicher, ethischer aber auch schlichtweg persönlich emotionaler Ebene. Ein Magazin für Einsicht: Zur Erkenntnis kommen, dass was Wahres dran ist. Ein Wachrütteln, den Blick verändern und Themen pflanzen.
Typografie spielt in deinem Magazin eine Rolle. Welche Schriften hast du eingesetzt und warum?
Die Gestaltungsgrundlagen beziehen sich nicht nur auf typografische sondern auch im Allgemeinen auf barrierefreie Gestaltung. Ein für junge Menschen gestaltetes und für alte bzw. körperlich eingeschränkte Menschen zugängliches Magazin. Niemand soll von vornherein ausgeklammert werden. Nicht alle Menschen können Typografie oder Bilder gleich gut erkennen und deshalb war es mir ein großes Anliegen in meiner letzten Studienarbeit gerade das herauszuarbeiten.
Was habe ich berücksichtigt? Hier eine kleine Auflistung markanter Grundsätze:
Fließtext
Hier habe ich mich für die FS ME entschieden. Diese Schriftart wurde von Fontsmith in Zusammenarbeit mit Mencap (Verband für körperlich und geistig eingeschränkte Menschen) entwickelt. Die klare, humanistische Schrift hat eine leichte und trotzdem elegante Anmutung.
Auszeichnungen und Headlines
Die von Jakob Runge entwickelte Singula schafft den Ausgleich von klar und gut lesbar zu den modernen ultra condensed Schriften (Verbindung von Contemporary Design und barrierefreier Gestaltung). Die Schriftgröße von 50pt habe ich bei den Auszeichnungen nicht unterschritten um so die Lesbarkeit nicht einzuschränken.
Schriftgröße
Die ästhetischste Schrift nützt nichts, wenn sie zu klein ist, um gelesen zu werden. Im Fließtext habe ich deshalb eine Schriftgröße von 12pt!!! gewählt.
Zeilenabstand und Zeilenlänge
Der 1,5fache Zeilenabstand erleichtert es die Zeilen zu fixieren. Für die Zeilenlänge hab ich im Durchschnitt 45 Zeichen pro Zeile gewählt, da sich dies in Tests am Besten bewährte hatte.
Satzarten
Linksbündiger Flattersatz. Beim Blocksatz verändern sich die Abstände zwischen den Buchstaben und Wörtern. Flattersatz hält das Auge besser auf der Zeile.
Spalten
Der Abstand beträgt 5mm, damit sind die Spalten klar voneinander getrennt.
Weiteres
Ich wählte das Format DIN A4, sehr kontrastreiches Bildmaterial und Farben mit hohen Helligkeitskontrast, Linien erst ab einer gewissen Strichstärke, Papier mit einer schönen Griffigkeit. Die Spiralbindung habe ich eingesetzt, damit linke und rechte Seite plan nebeneinander liegen können (wichtig bei der Benutzung von Lesehilfen). Ich wählte intuitive Paginierung und breitere Kapitelseiten die als Register fungieren. Ich habe viele Antworten auf die Fragen warum ich was gemacht habe. Aber an dieser Stelle möchte ich sagen, dass barrierefreie Gestaltung zwar ein so unheimlich wichtiges Feld ist, dass es aber auch die Masterdisziplin ist diese Art von Gestaltung plus Ästhetik aufs Papier zu bekommen. Ob es mir gelungen ist? Ehrlich gesagt, keine Ahnung. Aber ich habe einfach so unheimlich viel während meiner Auseinandersetzung damit gelernt, dass ich es immer wieder versuchen werde. Und wenn ich wie Gargamel werde: " Aaah, ich hasse barrierefreie Gestaltung! Oh, ich gestalte sie, ich werde sie alle gestalten, und wenn es das Letzte ist, was ich in meinem Leben tue!
Wir leben – wir sterben. Diese beiden Worte springen einen direkt an, wenn man das Magazin aufschlägt. Was wolltest du damit bewirken?
»Zuerst musst du wissen, nicht fürchten, sondern wissen, dass du einmal sterben wirst.«, das ist das Zitat aus Fightclub das meinen Einstieg kommentiert. Und genau darum geht es mir auch. Wir alle leben, yey, wir alle sterben, stimmt auch. Aber wer von uns konfrontiert sich denn schon wirklich damit? Nein, wir sollen jetzt nicht über den Tod nachdenken, sondern uns einfach klar machen, dass wir älter werden, dass wir auch irgendwann mal gebrechlich werden. Und stell dir vor, vor unserer Tür gibt es bereits Menschen, die sind schon alt.
Klar, weiß doch jeder, respektiere die Alten! Aber sind wir doch mal ehrlich, wie äußerst sich denn unser Respekt? Es reicht vielleicht nicht aus nur böse Blicke zurückzuhalten, wenn die Oma an der Kasse vor einem eine gefühlte Stunde braucht um ihre spärlichen Einkäufe zu verstauen und mühsam in ihrem Geldbeutel nach dem nötigen Kleingeld kramt.
Aber was sollen wir denn tun? Wahrscheinlich werden die Wenigsten von uns in der eh knapp bemessenen Freizeit beim nächtsten Seniorenheim anklopfen und auf ehrenamtlicher Basis seine Dienste anpreisen. Aber vielleicht ist das ja auch gar nicht notwendig. Vielleicht reicht zunächst der veränderte Blick auf die Situation. Das Leben wird uns noch genügend Gelegenheiten zuspielen in denen wir uns diesbezüglich bewähren können.
Ist es überhaupt erstrebenswert alt zu werden? All die Informationen über unser gesellschaftliches Alter lassen einen nicht gerade Luftsprünge machen. Die Situation in der Pflege ist jetzt schon so schlecht, dass einem echt nur Angst und Bange werden kann beim Gedanken an das Alter. Aber nein. Nein, nein, nein. Wir werden uns unser Leben nicht mies reden. Dazu gibt es doch auch viel zu viele grandiose Momente und Möglichkeiten die direkt vor der Tür auf uns warten.
Wenn Menschen mein Magazin lesen, sie sich vielleicht teils berührt fühlen, teils schmunzeln, teils auf den Boden kommen (müssen) um unterm Strich das eigene Leben noch einmal neu schätzen zu lernen. Wenn Menschen auf ihr Umfeld, und wenn es nur im ganz Kleinen ist, anders zugehen, wenn sie ein anderes Gefühl gegenüber älteren Menschen oder Pflegepersonal haben, dann habe ich alles richtig gemacht.
Pressetext:
Knochen werden porös, das Sehen und Hören schwieriger, das Gedächtnis schlechter, Erinnerungen verblassen, so ist es schon immer gewesen. Wir werden älter. Auch du bist keine Ausnahme. Wenn die Menschheit einen gemeinsamen Nenner hat, dann doch gewiss denjenigen der Endlichkeit. Mein Kühlschrank ist im Grunde nie wirklich leer, meine Heizung funktioniert und genügend Geld für meine Miete ist meist auch auf meinem Konto. Trotzdem bin ich der Meinung, dass sich etwas ändern muss. Früher war alles besser? Das würde ich nicht unbedingt behaupten. Ich würde allerdings auch nicht sagen wollen, dass die Zukunft besser wird. Demografischer Wandel, Pflegenotstand, niedrige Renten. Was geht es dich an?