RW-diplom-Foto_01.jpg

Random Walk – Die Visualisierung des Zufalls

Author:

Daniel A. Becker hat an der FH Mainz Kommunikationsdesign studiert, und ich habe die Ehre, heute sein frisch geschlüpftes Diplom „Random Walk – Die Visualisierung des Zufalls“ vorzustellen.

www.random-walk.com
www.daniel-a-becker.de

Seit einiger Zeit setzt sich Daniel mit dem Thema Datenvisualisierung auseinander und hat mit seinen Semesterprojekten „Visual DNA“ (http://www.visual-dna.de) und Barcode Plantage (http://www.barcode-plantage.com) schon einige hochkarätige Preise gewonnen.

Es scheint fast, als hätte er sich damit nur warm gelaufen, denn sein Diplom „Random Walk“ (http://www.random-walk.com/) setzt die Reihe großartig fort.

In seiner Arbeit setzt Daniel sich intensiv mit dem Thema „Zufall“ auseinander.
Auch wenn jeder Zufälle kennt und sie uns immer wieder begegnen, ist nichts so wenig greifbar wie der Zufall.
Umso spannender ist es, eben jenen visuell darzustellen.

In 14 doppelseitigen Bögen geht Daniel dem Zufall auf den Grund.

Voraussetzung jeder Grafik sind die Antagonismen Chaos und Ordnung, die jedem Zufall voraus gehen. Beide verschmelzen zu komplexen Visualisierungen von Prozessen und machen das versteckte Datenmaterial sichtbar.

Die Arbeit besteht aus Visualisierungs- und Erklärungsseiten und wird durch das Format A2 den sehr komplexen Grafiken gerecht.

Es gibt kein Titelblatt und keine Bogenreihenfolge. Wie in einem Kartenspiel liegen die Bögen in einer zufälligen Reihenfolge in der Tasche. Die Gestaltung der Erklärungsseiten wurde vom Zufall bestimmt; jede dieser Seiten ist einzigartig im Layout. Die Grafiken wurden mit Processing simuliert und erstellt.

Aber genug der Lobhudelei, lassen wir Daniel selbst zu Wort kommen.

Vorab erzähl ein bisschen über dich selbst: was hast du bisher gemacht und was machst du gerade?

Meine Biografie lief bisher irgendwie rückwärts ab. Ich bin in den turbulenten Dotcom-Jahren zuerst in einer Internetagentur und später in einer Werbeagentur gelandet, bis mir nach vier Jahren wieder einfiel, dass ich von zu Hause ausgezogen bin, um Design zu studieren. Das war vor zehn Semestern und jetzt habe ich seit ein paar Tagen das Diplom in der Tasche. In den letzten Tagen habe ich mich hauptsächlich mit der Projektwebsite zu meinem Diplom beschäftigt und endlich mal den ganzen Krempel sortiert, der sich im Laufe meines Studiums angehäuft hat.

Du hast dich bereits vor deinem Diplom sehr intensiv mit Datenvisualisierung beschäftigt, insofern kann man dir ein starkes Interesse an der Materie unterstellen. Was reizt dich so sehr an diesem Thema?

Mir machte es schon als Screendesigner besonders viel Laune, Inhalte visuell zu strukturieren und auf das Wesentliche zu reduzieren. Im Studium bin ich dann auf Harry Beck gestoßen, der in den 30ern den U-Bahn Netzplan für die Londoner Underground entwickelte. Er war technischer Zeichner und vereinfachte die Netzdarstellung, bis sie wie ein Schaltplan aussah. Seine Art, diese Information darzustellen war so überzeugend, dass sie die Vorlage für alle Netzpläne im öffentlichen Verkehr wurde. Das war sozusagen die Initialzündung, denn seine Arbeit zeigt mir, zu was das Grafikdesign neben der Werbung noch in der Lage ist. Es kann dem Menschen komplizierte Informationen verständlich machen und so seinen Alltag erleichtern. Diesen Gedanken fand ich so spannend, dass ich in meinem Vordiplom ausprobierte, wirre Gensequenzen grafisch zu interpretieren, um sie voneinander unterscheidbar zu machen. Die abstrakten Gencode-Muster kamen bei den Leuten überraschend gut an, wahrscheinlich auch, weil sie erstmals zum abstrakten Begriff „Gencode“ ein Bild im Kopf hatten. Das machte mir klar, dass die Ästhetik beim Informationsdesign eine wichtige Rolle spielt. Es bewahrheitet sich der Satz aus der Werbung, dass man den Betrachter zuerst im Herzen treffen muss, bevor man sein Hirn erreicht.

Glaubst du, dass das Thema Datenvisualisierung in Zukunft eine wichtigere Bedeutung bekommen wird als bisher, z.B. weil es durch das Internet die Möglichkeit gibt, Daten in großen Mengen zu erfassen?

Die Menge an Daten, die man aus dem Internet gewinnen kann, ist in der Tat riesig. Zudem erweitern sich viele Datensammlungen ständig durch den Input der User und das auch noch sekündlich. Noch sind viele Informationen kaum aussagekräftig, aber es ist klar, dass die Massendaten den Designer vor neue Herausforderungen stellen wird. Wir müssen lernen, große und dynamische Datenmengen in verständlichen Grafiken wiederzugeben, die zudem in ihrer Gestaltung skalierbar bleiben. Wenn wir das schaffen, haben die Datensätze einen echten Mehrwert für den Betrachter.
Beispielsweise ist es ziemlich simpel, verschiedene Informationen so zu kombinieren, dass sie plötzlich viel schlüssiger werden. Kombiniert man ein Postleitzahlenverzeichnis mit einer Landkarte, die die Lage der zugehörigen Orte zeigt, hat man plötzlich ein ganz anderes Verständnis von diesem alltäglichen, aber irgendwie undurchsichtigen Zahlensystem – ein Projekt, das sich „Zipdecode“ nennt, zeigt das beispielsweise auf beeindruckende Weise. Postleitzahlen und die Ortskoordinaten sind Datensätze, die durch das Internet in digitaler Form jedem zur Verfügung stehen. Wir stehen aber bei der Art wie wir die Informationen grafisch zeigen noch ziemlich am Anfang. Die Daten sind sozusagen wie ein Schatz vergraben, aber uns Designern fehlt noch das passende Werkzeug um ihn zu heben.

Siehst du großen Bedarf an Datenvisualierung und wenn ja – warum?

Seit dem Aufkommen der überregionalen Tageszeitungen erreichen uns Informationen täglich von allen Punkten der Erde. Weil sich die Medien lange nur als Transportmittel für Nachrichten verstanden und die Menge an Informationen lange Zeit relativ überschaubar war, haben weder Medien noch Konsumenten je lernen müssen sie zu selektieren. Heute haben wir im Hirn eingestanzt, dass eine Nachricht oder Information generell ungemein wichtig ist. Da haben wir aber mittlerweile ein Problem, denn ihre Menge nimmt ja rasant zu. Der Designer muss dem Info-Konsumenten helfen, sich in diesem Wust zurechtzufinden, diese Aufgabe wird dadurch noch dringender, dass der Konsument auch noch immer weniger Zeit für die Informationsaufnahme hat. Die Grafik kann da viel leisten, weil sie es ermöglicht, in äußerst kurzer Zeit Dinge mitzuteilen. Dass es einen großen Bedarf an bildlichen Darstellungen von Informationen gibt, sieht man beispielsweise an der Zunahme von Infografiken oder 3D Animationen in den Medien. Die schwierige Herausforderung wird aber sein, neue grafische Wege zu finden, um Informationen mitzuteilen – diese Wege werden am Anfang ungewohnt und abstrakt erscheinen, und wir kommen nicht drumherum, dass der Betrachter erst mal ein wenig lernen muss, diese Grafiken zu benutzen. Denn wenn wir uns beispielsweise den U-Bahn-Netzplan von Tokyo anschauen, stellen wir fest, dass das System von Harry Beck schon lange an seine Grenzen gestoßen ist, oder wenn wir einen Geschäftsbericht sehen, wird uns klar, dass Tabellen und Tortendiagramme nicht immer leisten können, was von ihnen verlangt wird.

Datenvisualisierung setzt immer auch komplexe mathematische Vorgänge voraus; oft stehen Designer damit auf Kriegsfuß. Wie siehst du das? Ist die Mathematik dahinter für dich „notwendiges Übel“ oder Mittel zum Zweck?

Nach meinem Abitur wollte ich auch von Mathe nichts mehr wissen und erst durch meine Freundin, deren Familie mit Mathematikern durchsetzt ist, konnte ich erkennen, dass es sich dabei um eine Wissenschaft handelt, in der es auch Kreativität und Ästhetik gibt, wenn auch auf eine anderen Art. Mir kam der Gedanke, dass man nach Schnittstellen zwischen Mathematik und Design suchen könnte, denn es gibt nicht viele Versuche, diese beiden Gebiete miteinander zu verbinden. Am Ende entstand das Buchprojekt „Graf F von X“, das sich mit der Formsprache von Funktionsgleichungen beschäftigt. Wir haben diese Kurven dann nach bestimmten Eigenschaften sortiert. Dabei war es den Mathematikern besonders wichtig, dass die Formeln zu den Gleichungen auf das absolut Wesentliche vereinfacht wurden – das drückt beispielsweise das Ästhetikempfinden in diesem Bereich aus.
Bei den Familientreffen verstehe ich aber noch immer meistens nur Bahnhof, und ohne Hilfe könnte ich solche Projekte nicht realisieren. Das Spannende an dieser Wissenschaft ist sicher die Eindeutigkeit ihrer Regeln.
Ich glaube, dass es noch einige Projekte geben könnte, die diese beiden Bereiche miteinander verbinden, und natürlich eignen sich Darstellungen zu mathematischen Modellen besonders für Coding-basierte Umgebungen wie Processing.

Stell uns deine Diplom-Arbeit etwas näher vor: Was hat dich an so einem „unfassbaren“ Thema wie „Zufall“ besonders gereizt? Woher kam die Idee dazu?

Das Spannende am Zufall ist der Streit darüber, ob es ihn gibt oder nicht. Das ganze Thema spitzt sich in den Beobachtungen zum radioaktiven Zerfall zu. Man kann konkret vorhersagen, wann sich die Atommenge eines Stoffes wie Uran zur Hälfte in einen andern Stoff umgewandelt hat – das ist der sogenannte radioaktive Zerfall. Schaut man sich aber ein einzelnes Uran-Atom an, findet man absolut keinen Hinweis darauf, ob es sich heute oder in ein paar Millionen Jahren entschließt zu zerfallen. Der Physiker Niels Bohr sah darin einen Beweis für die Existenz des Zufalls. Albert Einstein hingegen war der Meinung, dass wir nur den Auslöser für diesen Vorgang nicht gefunden haben und dass sich der Verlauf aller Vorgänge in unserer Welt vorausberechnen lassen könnte, wenn wir alle Regeln kennen würden. Man merkt schon, dass die Frage nach dem Zufall in ganz große Gewässer mündet: Hat der Mensch einen freien Willen, oder ist die Welt deterministisch? Obwohl man das Thema Zufall so hochwissenschaftlich behandeln kann, hat es gleichzeitig eine ganz alltägliche Seite. Ich habe Personen nach ihrem interessantesten Zufallserlebnis befragt. Da fiel jedem sofort etwas ein, weil die Leute ihn im täglichen Leben deutlich wahrnehmen. In meiner Arbeit wollte ich zum Nachdenken über den Zufall anregen, indem ich zum Einen zeige, was andere Menschen für zufällig halten und zum Anderen versuche, durch seine bildliche Darstellung die Frage nach seiner Existenz aufzuwerfen. Dazu suchte ich nach dem „reinen“, nicht durch Menschenhand beeinflussten, oder ausgelösten Zufall. Am Ende half mir wieder mein kurzer Draht zu den Mathematikern, denn die Mathematik kann als einzige Wissenschaft den Zufall benutzen, ohne seine Existenz vorher klären zu müssen – auch wenn sich das etwas paradox anhört. Dadurch konnte meine Arbeit diese Frage auch offen lassen. Am Ende hatte ich zehn Modelle aus der Mathematik und auch Physik, in denen etwas passiert, dass unserem Begriff des Zufalls zwar nahe kommt, aber offen lässt, ob er wirklich darin wohnt. Nach eingehender Beschäftigung mit diesen Modellen ist mir dann etwas aufgefallen, was zum Kernstück meiner Arbeit wurde. Es wirken in allen Modellen immer zwei Komponenten, nämlich ein lokales Chaos und eine globale Ordnung. Würfelt man beispielsweise 1.000 mal mit einem Würfel, wird man feststellen, das alle Zahlen im Schnitt gleichoft kommen. Aber man kann dennoch nicht sicher vorhersagen, wie die nächste Zahl lauten wird, selbst wenn irgendeine Zahl im „Rückstand“ ist. Die Zahlen verhalten sich lokal chaotisch, aber im Großen und Ganzen folgen sie wie durch ein unsichtbares Gesetz einer Gleichverteilung. Und meine Visualisierungen zeigen das Wechselspiel dieser beiden Teile in den Zufallsphänomenen immer gleichzeitig.

Was ist ein solches Zufallsphänomen?

Nehmen wir als Beispiel die Verteilung der Primzahlen im Zahlenbereich 1 bis 1 Mio. Primzahlen lassen sich nur durch 1 und durch sich selbst teilen und kommen so ungeordnet vor, dass man bei jeder Zahl konkret überprüfen muss, ob es sich dabei um eine Primzahl handelt. Ihr Vorkommen kann man als chaotisch bezeichnen, es gibt keine Formel oder Regelmäßigkeit, die sie beschreibt.
Für die Darstellungen habe ich die Software Processing benutzt, mit der ich meine Visualisierungen nicht nur überhaupt darstellen konnte, sondern ich konnte das Zufallsphänomen auch noch beweisen, da Processing eine vollständige Programmierungsumgebung bietet und so blankes Zahlenmaterial verarbeiten kann. Alle Modelle sind im Programm real simuliert worden und lassen das in den Zahlen ruhende Zufallsphänomen so sichtbar werden. Ich stelle dazu alle Zahlen bis 1 Mio. in Gruppen zu je 400 Zahlen kreisförmig dar. Diese Gruppen werden durch Linien im Kreis repräsentiert. Jetzt lasse ich nachschauen, wieviele Primzahlen sich in den einzelnen Gruppen befinden. Bei der Gruppe 1 bis 400 sind das 78. Die Länge und Farbe der Linie verändert sich mit der Anzahl der Primzahlen in dieser Gruppe. Am Ende hat man eine fransige Spirale vor sich, auf der man gleichzeitig Chaos und Ordnung erkennen kann: Die Spiralform lässt darauf schließen, dass die Anzahl der Primzahlen konstant abnimmt, je höher der untersuchte Zahlenbereich wird – das ist die globale Ordnung, der sich die Primzahlen unterwerfen. Zum Anderen kann man keine Regelmäßigkeit in der Länge der Linien erkennen – die Spirale wird somit ganz fransig, was das lokale Chaos zeigt. Weil ich nur die Rahmenbedingungen geschaffen habe, wie die normalen und die Primzahlen behandelt werden sollten, kommen die beiden Komponenten Ordnung und Chaos von selbst zum Vorschein und sind durch diese Simulation ein Beweis für ihre Existenz.

Hast du eine persönliche Definition von Zufall?

Lustig ist sicher, dass mich mein Diplom in diesem Punkt nicht weitergebracht hat - ich weiß noch immer nicht, ob es ihn gibt oder nicht. Aber wenn in einem Vorgang die beiden Komponenten Chaos und Ordnung gleichzeitig auftreten, würde ich mal sagen, dass darin der Zufall herrscht.

Betrachtest du alltägliche Zufälle jetzt mit anderen Augen?

Die klassischen Kausalketten, also der Zufall der uns im Alltag begegnet, kommen mir nicht besonders zufällig vor. Wenn ich im Supermarkt 11,11€ zahlen muss, ist das doch eigentlich genauso sensationell wie jeder andere Betrag, dem ich nie eine Beachtung geschenkt habe. Ich denke, in diese Art von Zufall interpretiert man zu viel hinein, manchmal sogar das eigene Schicksal.

Mal abgesehen von der besonders ansprechenden Ästhetik deiner Plakate – worin siehst du den Verwendungszweck oder den Nutzen über die grafische Komponente hinaus?

Meine Arbeit soll sicher auch den Zugang zur Mathematik und zur Physik erleichtern. Meistens versucht man das in diesen Fächern über eher trockene Experimente zu erreichen. Vielleicht kann man es auch mal über den Weg des Designs versuchen. Ob diesem Weg beispielsweise auch Schulbuchverlagen eine Chance einräumen, werde ich erst noch herausfinden müssen. Für den Betrachter vom Fach ist es aber interessant, Ordnung und Chaos gleichzeitig sehen zu können, deswegen denke ich, dass die Arbeit im wissenschaftlichen Bereich zumindest einen Unterhaltungswert hat.

Könntest du dir dennoch vorstellen, dass die Grafiken losgelöst von ihrem Inhalt (z.B. die der Poisson-Verteilung oder vom „Gesetz der großen Zahlen“) auch rein als grafisches Element, z.B. als Muster für Stoffe eingesetzt werden können?

Überhaupt will ich ja der Gefahr ausweichen, dass die Arbeit einen zu wissenschaftlichen Charakter bekommt – in erster Linie soll man ja schöne Bilder sehen und sich dann fragen, was sie zeigen, und im Optimalfall soll man auch noch verstehen wollen, was dahinter steckt. Muster und Gestaltungselemente, die einen tieferen Hintergrund haben, sind für die Leute immer interessanter als reine Schmuckgrafik. Das habe ich auch bei Visual DNA gelernt – die Leute hängen sich gerne ein abstraktes Poster an die Wand und freuen sich, wenn sie jemanden erklären können, was es damit auf sich hat.

Du hast mit Japan ein für deutsche Studenten eher untypisches Land für dein Auslandssemester gewählt und sogar japanisch gelernt. Gibt es Eindrücke und Inspirationen aus dieser Zeit, die in deine Arbeit mit eingeflossen sind?

Japaner leben in einer sehr von visuellen Reizen geprägten Umgebung, in der man häufig durch Bilder miteinander kommuniziert. Das beginnt bei den sogenannten Emojis, Icons die man auf dem Handy in Textnachrichten verwendet, und endet bei den comic-haften Werbefiguren. Eine Ursache dafür ist sicher Kanji, das chinesische Schriftsystem der Japaner. Es besteht aus vielen Ideogrammen; die Zeichen erinnern ser oft an Piktogramme. Man kann sagen, dass man im Kanji eher zeichnet als schreibt, daher schenken sie dem Thema Typografie auch weitaus mehr Beachtung, als dies in der westlichen Welt der Fall ist. Durch mein halbes Jahr in Japan bin ich mir sicher, dass es der Grafik prinzipiell möglich ist, ohne viele Worte Zusammenhänge erklären zu können. Diese Überzeugung war ja auch eine Basis für meine Arbeit.

Du hast Kommunikationsdesign studiert und dich im Rahmen dieses Studienfaches mit Datenvisualisierung beschäftigt. Glaubst, dass es in Zukunft eigene Studiengänge dafür geben wird oder gar sollte?

Das ganze Thema der Datenvisualierung ist seit ein paar Jahren sehr populär. Natürlich steht bei vielen Projekten noch die grafische Sensation im Vordergrund. Aber es ist klar, dass es ein großes Bedürfnis an neuen Wegen der Informationsdarstellung gibt. Man kann beobachten, dass sich an einigen Hochschulen diese Schwerpunkte langsam herausbilden – das passiert beispielsweise auch an der FH Mainz - und ich bin mir sicher, das es ein Studienangebot zu diesem Thema an einer Hochschule geben wird und auch muss.

Wie lange hast du insgesamt an deiner Arbeit gesessen?

Ich habe neulich mal überschlagen, wie lange ich an meinem Diplom gesessen habe – ca. 900 Stunden in 7 Monaten. Das liegt aber sicher daran, dass ich eher der „Arbeitertyp“ bin. Ich fange sehr früh an, meine Ideen in Grafiken umzusetzen und überarbeite sie dann ewig. Da dreht man viele große Extraschleifen, deren Ergebnisse schließlich doch nur in der Tonne landen, auch wenn sie schon ziemlich ausgearbeitet waren – man nimmt dauernd Abschied von lieb gewonnen Ideen.

Gibt es eine bestimmte Grafik-Design-Richtung, der du dich zuordnen würdest, z.B. Informationsdesigner, Typograf, Illustrator?

Das ist eine Frage, die ich mir auch immer noch stelle – ich glaube, sie wird mich mein Leben lang begleiten. Die Datenvisualierung ist sicher mein Schwerpunkt geworden, aber eine feste Richtung habe ich nicht – vielleicht züchte ich ja auch irgendwann mal Schafe.

Was (Welche Projekte) planst du für die nahe und entferntere Zukunft?

Ich arbeite erst mal als selbständiger Grafiker weiter und schaue mir mal an, wie die vielbeschworene Krise auf meine Auftragslage durchschlägt. Aber eigentlich haben sich in meiner Diplomzeit einige Projekte angehäuft, die ich am liebsten sofort weiterverfolgen würde. Für mein Projekt Visual DNA habe ich schon länger einen Partner aus dem Biotech-Bereich, für den ich lange kaum Zeit hatte. Dann wurde ich wieder für einen Vortrag über Datenvisualierung eingeladen und obendrein arbeite ich an Visualisierungen zur Bundestagswahl. Ich bin selber mal gespannt, was davon zeitlich machbar ist. Wie es aber langfristig weitergeht, ist mir noch nicht klar. Passend dazu ein schlaues Zitat von Francis Picabia: „Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann.“

Vielen Dank für das Interview und viele neue solcher Projekte bitte!

www.random-walk.com
www.daniel-a-becker.de

Das Interview führte Nadine Roßa.











RW-diplom-Foto_01.jpg