Schriften für Fortgeschrittene
Anders J. Svensson, Senior Copywriter bei Veer, hat uns einen Artikel unter dem Titel »Schriften für Fortgeschrittene« zur Verfügung gestellt, den wir gerne veröffentlichen. Für Fortgeschrittene, ist er allerdings meiner Meinung nach nicht geeignet, aber trotzdem enthält er ein paar grundlegende Basics, die für den ein oder anderen sicher interessant sein könnten ...
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Texte regieren die Welt. Worauf auch immer man seinen Blick richtet, Texte auf Hinweisschildern, Werbeplakaten oder Bildschirmen sind überall zu sehen. Die meisten dieser Texte sind in den uns wohlbekannten Schriften verfasst, einmal abgesehen vom Tante-Emma-Laden um die Ecke, dessen Beschilderung noch traditionell mit der Hand geschrieben wurde.
Das Internet ist gefüllt mit Tipps und Tricks zur Verwendung von Schriften, die auch bei Weitem fachspezifischer sind, aber hier finden Sie einige speziell ausgewählte Ideen und Vorschläge, mit denen auch Sie (und Ihre Webseite) zum Schriften-Guruaufsteigen können.
Die verschiedenen Schriften kennenlernen
Das Internet unterscheidet prinzipiell zwischen 3 unterschiedlichen Schriften-Kategorien, die für den PC erhältlich sind. Da wären zum einen die System-Schriften, die bereits auf dem Computer installiert sind, die eher kitschigen Schriften, die zum kostenlosen Download im Internet zur Verfügung stehen und zu guter Letzt die wirklich tollen Schriften, die man gegen Bezahlung erwerben kann.
Innerhalb dieser Kategorien können Schriften ihrer Ästhetik nach in verschiedenen Gruppen zusammengefasst werden. Auch wenn die meisten Menschen recht wenig davon beeindruckt sein dürften, wenn Sie Ausdrücke wie „French Ronde“ oder „Caslon-ähnlich“ in Gesprächen erwähnen, kann es von Vorteil sein, die praktischen Anwendungsmöglichkeiten der Schriften zu kennen, um die richtigen für ihre Projekte auszuwählen.
Schriften für Überschriften (Display Fonts) sind groß, hübsch anzusehen und ein bisschen unhandlich. Ähnlich einem Langschwert eignen Sie sich sehr gut als Wanddekoration. Diese Schriften sind geradezu prädestiniert für auffällige Werbe-Überschriften, Titelzeilen auf Webseiten und für alle Texte mit geringer Wortzahl.
Standard-Schriftarten (Text Fonts) machen den Großteil eines Textes aus. Schriften wie Arial, Lucida, Georgia und der Liebling der Massen, Helvetica, sind allesamt bei jeder Schriftgröße gut lesbar. Sie sind deshalb ideal für lange Textpassagen, Artikel, Bücher und Zeitungen geeignet, deren Design mehrere Ebenen an Überschriften und Inhalten erfordert.
Pixel-Schriftarten (Pixel Fonts) bestehen aus winzigen Blöcken oder Punkten, durch die sie extrem gut bei kleinen Schriftgrößen oder auf niedrigen Auflösungen zu lesen sind, ideal geeignet für mobile Anwendungen und sehr kleine Bildschirme. Außerdem sind sie sowohl visuell als auch maschinell lesbar.
Schriften können weiterhin nach Stilart (Script, Stencil, Weathered etc.), Jahrzehnt, Land und sogar nach Kunstbewegung (z.B. Art Deco oder Bauhaus) unterschieden werden.
OpenType verstehen
Reguläre Schriften verhalten sich zu OpenType-Schriften wie Autos zu zeitreisenden DeLoreans. Von außen zwar nur ein gewöhnliches Auto, aber im Inneren verbirgt sich bemerkenswerte Technologie und ein außergewöhnliches Design. Wie also erreichen wir mit OpenType eine Geschwindigkeit von 14km/h? Zu aller erst brauchen wir Alternativen.
Alternativen sind stilistische Variationen von Zeichen, die das Standard-Alphabet ersetzen können. Während viele Schriften nur grundlegende Zeichensätze umfassen, kann eine OpenType-Schrift Dutzende, Hunderte oder sogar Tausende Zeichen enthalten. Hinzu kommen erweiterte Funktionen, die automatisch Zeichen ersetzen können.
Wenn Sie mit einer Script-Schrift arbeiten, möchten Sie eventuell verzierte Zeichen oder solche mit sich wiederholenden Buchstaben – wie einem doppelten S – durch Ligaturen (Zeichenkombination aus 2 oder ehr Buchstaben) ersetzen, die speziell dafür entworfen wurden und dadurch besser aussehen. Mit genügend Variationen sehen die Schriftarten schon fast wie individuelle Handschriften aus.
Ob Sie die erweiterten Funktionen von OpenType auch verwenden können, hängt von Ihrer Design-Software ab. Mit Produkten von Adobe sind Sie aber immer auf der sicheren Seite.
Die Glyphen-Palette entdecken
Sie möchten professionell mit Schriften arbeiten? Dann wird Sie die Entdeckung der Glyphen-Palette von Adobe so sehr begeistern als hätten Sie gerade das Tor nach Narnia in Ihrem Kleiderschrank ausfindig gemacht. Anstelle von sprechenden Faunen enthält die Glyphen-Palette aber ein nützliches scrollbares Gitternetz mit allen Zeichen der Schrift - manchmal Tausende davon.
Überwältigt? Kein Problem. Mithilfe eines Drop-Down-Menüs können Sie die Auswahl nach Ligaturen, Zierkapitälchen, verzierten Zeichen oder Zahlensätzen filtern,abhängig davon, was der Schrift-Designer für Sie erstellt und organisiert hat.
Sie können auch einen oder mehrere Buchstaben auswählen und sich die verschiedenen Alternativen für Ihre Auswahl anzeigen lassen. Sollte der Designer ein halbes Dutzend verschiedener Varianten des Buchstaben E eingefügt haben, können Sie diese manuell eintauschen. Dasselbe gilt für das Suchen individueller Ligaturen, um Kombinationen wie OO, LL oder TH zu ersetzen.
Kerning will gelernt sein
Typografie und Architektur haben vieles gemeinsam: Jeder kann in den Genuss der ästhetischen Oberflächen kommen, die von den Erbauern mit bemerkenswerter technischer Leistung gestaltet wurden.
Auch wenn nicht jeder von uns die Begabung besitzt, sich hinzusetzen und eine Schriftart aus dem Nichts zu erschaffen, sind Benutzer mit unterschiedlichem Know-how dazu in der Lage, sich mit Schriften auszutoben. Man benötigt dafür keinen Universitätsabschluss.
Sie sind allerdings zu tief in die Materie eingetaucht, wenn Sie das Tischgespräch mit Ihren Erläuterungen über die Kugelendungen der Speisekarte im serifenbetonten Bodoni-Stil unterbrechen.
Der Autor Anders J. Svensson