SKAN GRAFIK
Seit je her waren die Nordeuropäer Vorreiter: Im letzten Jahrtausend bereisten die Wikinger die Weltmeere, heute sind ihre Systemmöbel in jedem europäischen Wohn-
zimmer vertreten. Laut Pisa-Studie stellen sie die schlausten Köpfe des Kontinents dar. Was wäre unsere Welt ohne die Exportschlager: Smørrebrød, Volvo, Lego, Nokia, IKEA, Black Metal und ABBA? In wie weit beeinflusst ihr Erfindergeist, ihre perfekte Bildung, gepaart mit der skandinavischen Gelassenheit, ihre Gestaltung? Gehört Design etwa auch zu ihren Königsdisziplinen, oder übertreffen sie uns gar?
Die Beantwortung dieser Fragen hat sich ein Diplomand aus Düsseldorf zur Aufgabe gemacht. In einem 30 tägigem Backpacker Tripp durch das nördliche Europa hat er 30 der wichtigsten skandinavischen Designagenturen besucht, befragt und alle Erkenntnisse zusammengefasst.
Es soll mitteleuropäischen Designern einen Einblick ins Agenturleben geben und die Designer und deren Arbeiten vorstellen. Im Ganzen wurde ein Informationsmedium geschaffen, was Lust machen soll selbst dort hin zu gehen, ob zum Arbeiten, oder nur zum Erweitern des eigenen Horizonts. Das Ergebnis ist ein Einblick in das „Skandinavische Design“, wie es die deutsche Gestaltungsszene noch nicht gesehen hat.
Was hast du bisher gemacht und was machst du gerade?
Da beginne ich doch einfach mal von ganz vorne: Ursprünglich komme ich aus einem kleiner Stadt mitten im Spessart, im schönen Unterfranken. Von dort hat es mich vor fünf Jahren mit 19 Jahren nach Düsseldorf verschlagen, da ich dort einen Platz an der FH Düsseldorf bekommen habe im Studiengang Kommunikations-
design. Hierbei war mir das wichtigste möglich weit von der Heimat weg zu kommen um etwas Abstand zu gewinnen. In den gerade erwähnten Studienjahren habe ich mich recht schnell für Buchgestaltung und Editorial Design interessiert und dies dann auch zu meinen Hauptfach gemacht. Es entstanden unter anderem Bücher über Fotografien, Wein, mit dem ich durch meine Herkunft groß geworden bin und letztlich meine Diplomarbeit SKAN GRAFIK, über skandinavisches Grafikdesign. Natürlich ist es mir hierbei sehr wichtig weiter in die Richtung Designforschung zu gehen und tiefer in diese Materie einzutauchen, aber wie es eben so ist, hier sind die Masterplätze sehr begrenzt. Trotz allem bin ich aber sehr optimistisch. Wird schon klappen!
Wie bist du auf das Thema deiner Arbeit gekommen?
Diese Frage ist recht einfach zu beantworten, aber umso ungewöhnlicher. Seit meiner Kindheit höre ich etwas härtere Musik, was wohl einiges mit meinem Bruder zu tun hat, denn er nahm mich als Jugendlicher ständig mit auf Rock und Metalfestivals in ganz Deutschland. Was bis heute noch so geblieben ist. Nun Norwegen, Schweden und Finnland gehören zu den wichtigsten Vertretern von Black und Death Metal überhaupt, nicht nur was die Bands angeht sondern auch dessen Entstehungspozess und den Inhalten. Die Natur und die rauen Lebensumstände haben zu ihrer Entstehung beigetragen. Nun wo ich eigentlich darauf hinaus will ist, dass ich schon immer mal nach Skandinavien wollte um mir die atemberaubende Natur anzusehen und mir ein eigenes Bild über Menschen und Kultur zu machen. Nur ein Buch über Metal gab es schon und irgendwie wollte ich auch nicht so recht, denn ich hatte Anfangs kein konkretes Bild im Kopf wie dieses konzeptionell und gestalterisch aussehen soll. Nach einem langen Gesrpäch mit meiner damaligen Freundin kam mir die Idee, an die Reihe der bereits an der FH Düsseldorf entstanden Designreportagen anzuknüpfen und das doch so nahe aber noch unerforschte Nordeuropa zu meinem Forschungsgebiet zu machen. Ich fragte Prof. Victor Malsy und Prof. Philipp Teufel ob sie mir bei diesem Projekt zur Seite stehen und buchte die ersten zehn Übernachtungen, noch ohne irgendeine Vorahnung, was mich dort erwarten sollte.
Gab es ein Erlebnis auf deiner Reise, welches dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Selbstverständlich gab es das. Unter den 30 Agenturen die ich getroffen habe waren so einige, doch eins sticht wohl am meisten heraus: das Treffen mit Bruno Oldani, in Oslo, Norwegen. Im Vorfeld kannte ich nur einige seiner Arbeiten und wusste er ist einer der ganz großen Schweizer Designer, alter Schule, die in jungen Jahren auswanderten und den Schweizer Grafik Stil hinaus in die Welt trugen, aber das Treffen entwickelte sich zu einer solchen geballten Ladung an Information und Erstaunen, was ich vorher nicht für möglich gehalten hatte. In geballten vier Stunden Interview und einer Führung durch seine schon über 40 Jahren bestehende Agentur, lernte ich einen lebenslustigen Vollblutdesigner kennen der trotz seiner 74 Jahre immer noch nicht ans Aufhören denkt und mit voller Begeisterung dabei ist. Er brachte mein gesamtes Projekt einen großen Schritt weiter. Nochmal vielen Dank an dieser Stelle. Doch natürlich gab es auch so einige andere Ereignisse, abseits des Projektes. Hostels und Backpacker haben auch so einiges geboten, was doch recht unerwartet war, zum Beispiel habe ich in Oslo in einem Haus zusammen mit 10 Schottischen Fussballfans übernachtet, die zum Länderspiel in die Stadt gekommen sind. Wenn ich nicht freiwillig alle ihre mitgebrachten Single-Malts brobiert hätte, hätten sie wohl nie locker gelassen. Alles in allem war es eine super Reise.
Wo liegen deiner Meinung nach die Unterschiede zwischen skandinavischen und deutschem Grafik-Design?
Der Unterschied ist eigentlich gar nicht so groß. Was das Design betrifft habe ich eine Vielzahl visueller Explosionen erlebt und wurde davon überzeugt, dass „Skandinavisches Design“ sehr viel mehr ist, als was man aus dem Möbel- und Produktdesign gewohnt ist. Grafikdesign ist weniger im Alltag verwurzelt und durch eine durchwegs sozialdemokratische Haltung auch teilweise nicht gewünscht. Doch es bestehen Parallen, denn viele Designer arbeiten sowohl als Grafikdesigner als auch als Produktdesigner und somit ist der gestalterische Ansatz wohl vergleichbar.
Durch die oft sehr geringe Tradition in Typografie und Drucktechnik gibt es erst seit wenigen Jahrzehnten wirkliche Designbüros, wie wir sie in Deutschland kennen. Da nur eine sehr geringe Zahl an Studienplätzen vorhanden ist, vor allem in Norwegen und Finnland, studieren sehr viele Designer im Ausland, was der Szene eine ungewohnte Vielfalt, Frische und den Designern eine gewisse Distanz zur eigenen Heimat und angeborenen Naturverbundenheit verschafft, die man in Deutschland oft vergebens sucht. Deshalb möchte ich abschließend sagen, dass in den nächsten Jahren vermehrt mit Konkurrenz aus Nordeuropa zu rechnen ist. Die Designstudios sind zum Großteil sehr jung und erfolgsorientiert. Und der Kundenstamm wächst, auch international gesehen.
Was sind deine Pläne in der Zukunft?
Momentan schwer zu sagen. Wenn das mit dem Master in der Schweiz klappt werde ich erstmal zwei Jahre dort verbringen und mich mit Designforschung beschäftigen. Danach kann ich es nicht genau sagen, aber über kurz oder lang wollte ich eine kleine aber feine Agentur gründen. Aber wie gesagt das liegt noch in der fernen Zukunft.
Viel näher liegt es zu versuchen SKAN GRAFIK verlegen zu können um das wohl einzige inhaltlich recherchierte Designbuch über Nordeuropa auf den deutschen Markt zu bringen. Ich hoffe das mir dies gelingt, hierzu wären mir ein paar positive Feedbacks sehr wichtig. Danke!