title-trav.gif

traversée

Author:

Wir haben intern ein wenig diskutiert, ob wirklich ich dieses Posting machen sollte. traversée ist eine (vielleicht konzeptionelle) Groteskfamilie, an der ich seit Februar arbeite. Passt es in unser Selbstverständnis, eigene Projekte vorzustellen? Wir denken ja.
Slanted sollte auch ein Forum sein, in dem wir uns über unsere Projekte austauschen können, und womöglich eine Art alternativer, freier Klassenraum – mit Arbeitsbesprechungen. Hiermit möchten wir also alle dazu ermuntern und ermutigen, eigene Arbeiten zu präsentieren, sie selbst vorzu- und zur Diskussion zu stellen. Und ihnen somit eine breitere Öffentlichkeit zu verschaffen.

traversée basiert auf den Formen zweier früher Groteskfamilien: Zum einen Monotype Grotesque (ein Update der Berthold Ideal Grotesque, Monotype 1926), zum anderen Akzidenz Grotesk (datiert auf 1896 von H. Berthold Berlin Typefoundry).


Der grundlegende Gedanke einer Konzeption der traversée ist eigentlich ein filmischer – die Figur des Schnitts. Stellt Schnitt in Film oder Video einen zeitlichen Übergang zwischen zwei (Bewegungs-)Bildern dar, was mich aus verschiedenen Gründen interessiert, so ist eine solche Operation in der Übertragung ins typografische Feld zwangsläufig und grundsätzlich anders.
Hier wird ein mehrfacher Schnitt vorgenommen – einer zwischen den Formen beider Referenzschriften, ein zweifacher in der Zeit: zwischen den beiden Zeiten der jeweiligen historischen Schriftentwürfe wie zwischen ihren damaligen Zeiten und derjenigen der Gegenwart.

Monotype Grotesque und Akzidenz Grotesk sind nun in der traversée keineswegs durchgängig in ein Verhältnis von 50:50 gesetzt. Details weisen mitunter erhebliche Abweichungen vom Referenzmaterial auf, und das Vermitteln zwischen den bestehenden Formen (MG/AG) führte regelmässig zu eigenen Interpretationen und Lösungen. Zudem existieren bei MG wie AG – je nach Foundry – unterschiedliche Umsetzungen in digitale Fonts. Diese Abweichungen wurden bei der Erstellung dieses «dritten», digitalen Fonts berücksichtigt.

Entstanden ist eine eigene Groteskfamilie mit bislang 7 gezeichneten und 6 generierten Schnitten – ein Dazwischen, zwischen dem eigenwilligen Formenreichtum der Grotesque und der glatten Eleganz der Akzidenz. Den dabei zwangsläufig geringen Kontrast des Ergebnisses am Übergang zwischen den/zu den Referenzschriften begrüsse ich ausdrücklich.

Vielleicht dachte ich beim Erarbeiten der traversée sowieso eher an cinematische Konzeptionen von Jean-Luc Godard, weniger an eine in irgendeiner Form «neue» Schrift. Oder an einen Ausspruch von Pierre Bourdieu: «Zitieren heisst wiederbeleben, sagen die Kabylen».

Flo Gaertner, traversée grotesk, 2005

title-trav.gif

trav1.giftrav2.giftrav3.giftrav4.giftrav5.gif