TYPO Tag 2, 18 Uhr – Sebastian Lörscher
So eine Überraschung! Sebastian Lörscher ist nicht der scheue Illustrator, der am liebsten für sich allein am Schreibtisch ins Zeichnen versinkt. Dieser Vortrag ist auch gleichzeitig eine szenische Lesung und ein Bühnenevent! Für mich der witzigste TYPO-Vortrag aller Zeiten.
Es geht um drei Bücher. Buch eins entsteht noch als Uni-Projekt und heißt „Making Friends in Bangalore“. Sebastian Lörscher reist 2010 für einen Monat nach Indien, verlässt zum ersten Mal in seinem Leben den europäischen Kontinent und ist völlig überwältigt von der Welt dort. Von dem Farbenmeer, den Gerüchen, überbordende Eindrücke, definitiv ein Kulturschock. Um dem Ganzen Herr zu werden, geht er mit seinem Skizzenbuch auf die Straße und beginnt zu zeichnen. Und jetzt geschieht ein magischer Augenblick. In Europa wäre man ihm mit Distanz begegnet, er hätte mit seinem Skizzenbuch vielleicht etwas Aufmerksamkeit erweckt, aber im Grunde hätte man ihn in Ruhe gelassen. Ganz anders in Indien. Innerhalb kürzester Zeit ist er umringt von Menschen, sie bestürmen ihn, sind neugierig, fröhlich, blättern in seinem Skizzenbuch, fragen ihn aus. Es ist ein Leichtes über das Zeichnen mit den Einheimischen in Kontakt zu kommen, viele Menschen kennenzulernen, verrückte Geschichten abseits des üblichen Tourismus zu erfahren. Er beginnt zeichnend die Menschen und ihre Geschichten zu porträtieren; die Geburtsstunde des ersten Reisebuchs.
„Haiti Chéri“ ist Buch Nummer zwei. Dafür reiste Sebastian Lörscher 2012 für 6 Monate nach Haiti, drei Jahre nach dem heftigen Erdbeben. Auch hier ein ähnlicher Effekt, das Zeichnen öffnet Türen, er ist sofort nah an den Menschen und ihren Geschichten dran. Aber während es in Indien lustig zuging, herrscht in Haiti Tristesse. „Ich lebe nicht, ich existiere.“ Den Menschen geht es schlecht, sie sind sehr arm. Ein gescheiterter Staat. Seine Zeichnungen werden zur Reportage.
Für das dritte Buch „A bisserl weiter“ geht die Reise nach Österreich, eine zeichnerische und soziale Herausforderung. Zeichnerisch, weil die Motive auf den ersten Blick nichts exotisches haben, sie sind denen in der Heimat zu ähnlich. Und sozial, weil: Es passierte einfach nichts. In Wien wurde er einfach nicht beachtet.
Doch nun die Wendung im Vortragsgeschehen. In Wien näherte sich Sebastian Lörscher dem Kosmos einer Würschtlbude und es geschieht. Er steht inmitten der herrlichsten „Is eh alles Wurscht“-Geschichten. Er zeichnet die Geschichten und trägt sie uns nun vor. Wir biegen uns vor Lachen, ein Spaß auf drei Ebenen: Zeichnungen, Texte, Vortragsstil. Und Anekdote folgt auf Anekdote. Erst aus Wien, dann Tirol, und dann aus dem Burgenland und Graz und eigentlich von überall aus Österreich.