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Was ist eigentlich ein Redesign?

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Mit unserem dreiteiligen Beitrag von Anja Balssat und Nima Sorouri von der Agentur TechTick.Media in Köln gehen wir nun in die letzte Runde. Wir freuen uns, euch den dritten Teil aus unserer Reihe vorzustellen:

Dritter Teil: Was ist eigentlich ein Redesign?

Im zweiten Teil der Artikelreihe zum Thema Redesign stand die Bedeutung des Redesigns im Alltag im Vordergrund. Zudem wurden Original und Kopie unterschieden, hinsichtlich neugestalteter Firmenauftritte oder Produkte. Die Kosmetikmarke Dove und ihr im Jahr 2005 ins Leben gerufener Imagewandel diente als Beispiel für ein gut gemachtes und erfolgreiches Redesign.

Aktuelle Trends und die Gefahr der Beliebigkeit

Unternehmen und Personen, die ihr Redesign aktuellen Trends anpassen, laufen Gefahr beliebig zu wirken, wie eine billige Kopie. Eine eigen Identität untergräbt man auf diese Weise oder sie kann gar nicht erst entstehen.

Die Schönheitskorrektur

An dieser Stellte soll das Redesign einmal ausdrücklich von der so genannten Schönheitskorrektur unterschieden werden. Wenn etwa die Onlineversion eines Nachrichtenmagazins stetig kleinere Veränderungen erfährt, lässt sich das unter kontinuierlicher Optimierung fassen. Ein Redesign wäre grundsätzlicher, es ginge an Kern und Struktur einer solchen Seite. Ein kurzes Beispiel hierfür: der noch relativ junge Web-Neuauftritt von DIE WELT wird als Relaunch bezeichnet. Doch die Veränderungen lassen sich doch eher mit den erwähnten Schönheitskorrekturen umschreiben. Auf den ersten Blick fallen keine wesentlichen Veränderungen auf. Auch der zweite Blick zeigt eine eher bekannte Umgebung mit nur kleineren Neuerungen. Das ist per se kein Problem. Es ist vielmehr gut und richtig, ständige Optimierung zu betreiben, wie es gut und richtig ist, ein Farbklima zu ersetzen und ein Suchfeld eleganter zu gestalten und zu positionieren. Doch der Begriff Relaunch beziehungsweise Redesign hat hier nicht wirklich etwas zu suchen.

Gedankenloser aktueller Gestaltungstrend

Glanz und Glossy, diese Ära scheint erst einmal vorbei zu sein. Flächige und minimalistische Gestaltung ist längst in unserem Alltag angekommen. In den mobilen Zeiten des Web ist das kein Wunder und auch eine sinnvolle Gestaltungsentwicklung. Smartphones und Tabletts etwa. Sie bieten weniger Platz. Da wird Gestaltung sehr wesentlich. Ein reduzierter Stil hat sich längst über die Grenzen des Web hinaus ausgebreitet und den Printbereich stark beeinflusst. Aber mit der Flächigkeit oder Einfachheit kann man es auch übertreiben, beziehungsweise damit vollkommen falsch liegen. Steht kein Grund, kein Konzept, keine inhaltliche Überlegung hinter einer reduzierten Gestaltungsart, wirkt sie billig oder beliebig.

So geschehen auch im Rahmen der aktuellen Imagekampagne der Zigarettenmarke Marlboro aus dem Hause Philip Morris. Der Konzern versucht sich neu zu erfinden und mit seiner aktuellen Kampagne energisch von der Konkurrenz abzusetzen. Namentlich mit der Don’t be a Maybe – be Marlboro- Kampagne. Zu deutsch könnte dieser Slogan übrigens lauten, sei kein Vielleicht, sei Marlboro. Die Idee mag als gut, als schlecht oder als Verzweiflungstat empfunden werden. Hier soll das nicht interessieren. 

Doch ein Außenwerbeplakat, das Marlboro vor wenigen Wochen in Umlauf gebracht hat, lässt vermuten, dass die verantwortlich zeichnende Kreativagentur Leo Burnett aus Frankfurt einen aktuellen Gestaltungstrend gedankenlos angewendet hat. Vielleicht ist dieses Werbeprodukt auch einfach in zu großer Hektik entstanden. Immerhin ist die vorherige Plakatreihe der Don’t be a Maybe- Kampagne, die, wo die hübschen Menschen zweifeln und sich dann selbstbewusst dafür entscheiden, „Marlboro zu sein“, derzeit aus dem Verkehr gezogen, freiwillig und auf Veranlassung des Tabakkonzerns. Grund dafür ist, dass die meisten Bundesländer und das Bundesverbraucherschutzministerium einen Verstoß gegen das aktuelle Tabakgesetz sehen. Zumindest scheint es größere Unklarheiten und diverse Beschwerden zu geben. 
Links: aktuelles Packungsdesign der Marlboro-Marke „Ohne Zusätze“. Rechts: aktuelles Außenwerbeplakat. Quelle: cigarre24.de, kreativ-ackern.de

Aber nun einmal inhaltlich zu dem bemängelten Außenwerbeplakat: auf einer großen Fläche ist eine Marlboropackung zu sehen. Sie erinnert an das aktuelle Packungs-Design der Marke, wurde aber in reduzierter Form aufs Plakat gebracht. Grundsätzlich spricht da nichts gegen. Doch die reduzierte Gestaltungsart wirkt wie im Vorbeigehen aufs Papier geschmiert. Es ist Leo Burnett nicht gelungen das stimmige minimalistische Design der Zigarettenpackung zu transformieren. Wie könnte dem auch so sein. Die Konturstärken und Strichdicken stoßen einander geradezu ab und es wird ein fragwürdiger Stilmix betrieben. Die Bildebene im Vordergrund und das Hintergrundbild, das womöglich eine Tabakpflanze darstellen soll, ergeben ebenso wenig mit der umgeknickten Plakatecke ein harmonisches Gesamtbild wie mit der nicht durchdachten typografischen Arbeit. Kein geschultes Auge ist nötig, um den Stil- und Schriftenmix als unsauber und disharmonisch zu empfinden. Bei Philip Morris und seinen Kreativen war es eventuell die Zeit, die fehlte, gescheite neue Außenwerbeplakate auf den Markt zu bringen. Nichtsdestoweniger ist ein fehlerhaftes und banales Werbeprodukt entstanden, das sich bei den Betrachtern nicht sonderlich einprägen wird. Es entsteht der Eindruck, dass ein aktueller Gestaltungstrends gedankenlos aufgegriffen worden ist.

Alleinstellungsmerkmal Adé

Wie beliebig internationale Konzerne sich beizeiten darstellen, nur weil sie scheinbar achtlos aktuellen Trends hinterher rennen, lässt sich auch anhand einer Reihe von Logos großer Automobilfirmen zeigen. Kurz vorweg: ein Logo, als Teil des Erscheinungsbildes eines Unternehmens, einer Organisationen oder einer Kampagne, sollte neben einigen anderen Kriterien einprägsam und unverwechselbar sein.

Drei Logos als Beispiel für die Gefahr der Beliebigkeit. Quelle: designtagebuch.dedesigntagebuch.de, blog.psprint.com

Nun ist es eher fragwürdig, dass innerhalb weniger Jahre mehrere Konzerne die Logos ihrer Automarken gestalten ließen als wollten sie sich als Geschwister verschiedener ihrer Konkurrenten darstellen. Anhand dieser drei Logos lässt sich sehr schön und einfach aufzeigen, was für Merkmale und Gestaltungen in der Logoentwicklung angewendet wurden, weshalb sie einander also so ähnlich sind. Sie haben alle helle Verläufe, reflektierende und glänzende Flächen, runde Ecken, rote Schriftfarbe bei leicht wirkender Typografie und insgesamt wirken alle drei Logos eher unauffällig und zurückhaltend. In einem Designblog schrieb kurz nach dem Redesign des Citroen-Logos ein User sehr treffen: „irgendwie hab ich das Gefühl, dass bei den Logorelaunches der letzten Jahre nur darauf geachtet wird die Ecken und Kanten eines Logos auzubügeln und das ganze für den Durchschnittsbetrachter möglichst angenehm und unauffällig zu gestalten.“ Genau das ist es, was für die Markenbildung ziemlich ungünstig ist. Einprägsam und unverwechselbar ist von den hier beispielhaft herangezogenen Logos keines mehr. Vielmehr wurden für eine aktuelle Mode Bodenständigkeit und Alleinstellungsmerkmale eingetauscht. Das Feld des Mainstreams wurde betreten und das birgt immer das Risiko, Kurzlebiges zu produzieren.

Übersichtsbild / Quelle: designtagebuch.dedesigntagebuch.deblog.psprint.com

 

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